Grundsätzlich versuche ich, Gott immer in den Mittelpunkt zu stellen. Im alltäglichen Leben mit ihm in Kontakt zu treten, auf ihn zu hören und ihm auch mal deutlich meine Anliegen zu nennen. Und trotzdem scheint mir das Gebet eine der besten Möglichkeiten zu sein, um mit Gott in Verbindung zu bleiben. Und da gibt es viele Formen.
Rosenkranz, Heilige Messe, Stundengebet
Ich denke da an den Rosenkranz. Als Kind empfand ich das immer als langweilig. Aber heute will ich ihn nicht mehr missen. Ich denk sofort an die Heilige Messe. Sie ist gelebtes Gebet in Reinform. In der Heiligen Messe und im Empfang der Eucharistie ist Gott uns so nahe: Er gibt sich ganz, wir mit ihm und er mit uns.
Wir Diakone und Priester beten das Stundengebet. So nennen wir die Gebete, die wir über den Tag verteilt sprechen. Dabei lesen wir (aus einem extra Buch) vor allem die Psalmen, singen Hymnen, sprechen Fürbitten und hören Teile aus der Heiligen Schrift. Dieses vorformulierte Gebet beten wir aber eigentlich nicht vorrangig für uns. Es ist ein stellvertretendes Gebet für andere. Als Priester soll man ja in erster Linie Diener sein, das zeigt sich auch im Gebet. Das Stundengebet gehört zum Leben eines Priesters. Aber ich kenn auch Nicht-Priester, die es gerne beten.
Beten zahlt sich unzählbar aus
Eine Form des Betens ist mir aber die liebste: Meine persönliche Gebetszeit. Ich versuche eine gewisse Zeit am Tag ganz der Stille zu widmen. Da bin ich ganz für mich. Muss nichts machen. Darf einfach da sein und lauschen. Hier lass ich mich ganz beschenken und versuch mich ganz auf Gott einzulassen. In dieser Zeit darf er handeln und sprechen. Klar: Manchmal ist das auch tagesformabhängig. Wie fit ich bin, hat schon Auswirkungen auf mein Beten. Und auch einem Diakon oder Priester fehlt es manchmal an Gebetsmotivation.
Da will ich ganz ehrlich sein: Es ist für mich manchmal eine große Anstrengung in die persönliche Gebetszeit zu gehen, still zu werden, auf Gott zu hören, seine Worte in der Heiligen Schrift zu betrachten und mich ihm in persönlichen Worten (oder im Seufzen des Geistes, vgl. Röm 8,26) ganz zu öffnen.
Aber wenn ich eine Sache in den vergangenen Jahren meiner Ausbildung ganz persönlich erfahren habe, dann, dass es sich einfach unzählbar auszahlt. Diese persönliche Gebetszeit wandelt meinen Alltag, lässt mein Inneres wachsen und meine Beziehung zu Gott reifen. Gerade dann, wenn es mühsam ist! Dabei geht es ja nicht um mein Tun. Es geht darum, mich Gott zu öffnen. Dann kann er im Betenden Großes tun. Dann kann er sich schenken.
Starke Gebetsgemeinschaft vor der Weihe
In diesen Tagen vor meiner Weihe zum Priester wird mir wieder deutlich bewusst, dass alles an meiner Freundschaft zu Jesus Christus liegt. Als angehender Priester bete ich vielleicht etwas anders als andere. Die Hauptsache in alledem aber ist, dass man betet. Welche Form ist dann wohl zweitrangig.
Für mich weiß ich: Mein ganzes priesterliches Dasein wird sich immer wieder dem Prüfstein unterziehen müssen: „Sebastian, bist du noch in den Fußspuren Jesu und hast du sein Antlitz noch vor Augen?“ Umso wichtiger ist es, in diesen Momenten seine Nähe zu suchen. Ich weiß aber auch, dass es so viele Menschen gibt, die in diesen Wochen für mich beten – davon fühle ich mich bestärkt. „Im Gebet verbunden“, ist für mich keine Phrase, das ist ein gemeinsamer geistlicher Weg mit meinen Schwestern und Brüdern.
Beten ist eine Lebensaufgabe. Und ich bin noch blutiger Anfänger. Aber ich kann es nicht lassen! Es ist mir wichtig geworden. Es ist das „Atemholen meiner Seele“ (John Henry Newmann).
Anm. der Red.: Herzliche Einladung zum Gebet für die Weihekandidaten, die am 30. Juni 2024 im Augsburger Dom zu Priestern geweiht wurden. Es gibt außerdem einen Bericht über den Weihetag.