Thema · Priesterweihe 2023 – Ein Wagnis?

Man kann im Leben nicht alles haben

Frater Franziskus Schuler (32) hat sich schon bei seinem Eintritt ins Kloster Roggenburg 2014 dazu entschlossen, einmal Priester zu werden. Nun ist es soweit: Am 5.5.2023 wird der Prämonstratenser durch Bischof Dr. Bertram Meier zum Priester geweiht. Wir haben den gebürtigen Günzburger gefragt, ob diese Entscheidung das größte Wagnis in seinem Leben ist und ob er anderen jungen Menschen rät, ein Wagnis einzugehen.

von Veronika Striegel · 04.05.2023

Junger Frater im weißen Habit mit Pfereschwanz und rechteckiger Brille
Frater Franziskus Schuler. Foto: Sandra Kraus, Günzburger Zeitung

Credo: Frater Franziskus, du wirst zum Priester geweiht. Ist das das größte Wagnis in deinem Leben?

Fr. Franziskus: Grundsätzlich ist es ein Wagnis, in der heutigen Zeit Priester zu werden, da man von der Gesellschaft angegriffen wird und persönlich den ganzen Shitstorm auf die Kirche abbekommt. Auch ist man sofort dem Vorwurf ausgesetzt, jemand zu sein, der Kinder missbraucht. Von daher muss man Mut haben, dem gesellschaftlichen Druck gegenzusteuern – mit einer sehr authentischen, menschlichen Art. Ob das gut geht, ist ein Wagnis.

Aus persönlicher Sicht ist die Priesterweihe kein großes Wagnis für mich. Ich habe sie als Ziel schon 2014 bei meinem Eintritt ins Kloster Roggenburg vor Augen gehabt und dann weiterverfolgt. Bei der Entscheidung, Priester zu werden, habe ich jedoch schon lange überlegt und mir viel Zeit gelassen – mehr als alle anderen. Ich wollte mich zu 100 Prozent mit Ja entscheiden und den letzten Zweifel ausräumen.

Die ewige Profess (Bindung auf Lebenszeit an eine Ordensgemeinschaft) vor ein paar Jahren empfand ich als größeres Wagnis, da ich mich da ja entschieden habe, für immer im Kloster Roggenburg zu sein und zu leben. Auf die Priesterweihe habe ich mich lange vorbereitet und jetzt freue ich mich, dass es so weit ist.

Credo: Du hast also bei deinen Entschlüssen auch gezweifelt?

Fr. Franziskus: Ich hatte vor der ewigen Profess schon Zweifel, ob ich ein Leben in Ehelosigkeit führen will, also keine Familie zu gründen und Kinder zu haben. Bei der Geburt meiner Nichte habe ich schon überlegt: Kann ich mich endgültig dagegen entscheiden und stattdessen in einen Orden eintreten und Priester werden?

Ich hatte dann aber ein Gespräch mit einem guten Mitbruder, der zu mir sagte, dass man im Leben nicht immer alles haben kann. Man muss sich entscheiden, was man will. Wenn man aus dem Glauben heraus lebt, sei das schön, aber auch eine Herausforderung. Ich habe erfahren, dass mir Gott für jegliche Herausforderung die nötige Kraft und Zuversicht gibt.

Credo: Welche Gefühle dominieren bei dir gerade?

Fr. Franziskus: Es ist Freude da. Wie bei jeder Entscheidung, die man im Leben fällt, und diese mit einem Fest feiert, ist jedoch auch eine gewisse Anspannung da: Gelingt alles? Habe ich alles bedacht? Da habe ich manchmal einen kleinen Schreckensmoment. Aber die Freude auf die Priesterweihe und das Fest dominiert.

Junger Priester im weißen Priestergewand mit rechteckiger Brille
Nach der Priesterweihe wird aus Frater Franziskus Pater Franziskus. Foto: privat

Credo: Wer oder was gibt dir den Mut für das Wagnis Priesterweihe?

Fr. Franziskus: Gott gibt mir den Mut dafür: Im Gebet, in Gesprächen, aber auch in der Betrachtung der Heiligen Schrift. Darin liegt der Quellpunkt meines Lebens. Es gibt Lebensbeschreibungen in der Heiligen Schrift, die auch zu meiner Lebenserfahrung passen. Es gibt mir Kraft, wenn ich lese, dass etwas auch schon jemand anderer mal erlebt und im Glauben bewältigt hat.

In Gesprächen mit Freunden und Mitbrüdern merke ich auch oft, wie der Heilige Geist wirkt. So wird mir in solchen Gesprächen oft der Fingerzeig Gottes klar. Ich suche Gott bei den Menschen und im Menschen.

Credo: Man sagt „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.” Was erwartest du zu gewinnen?

Fr. Franziskus: Ich hoffe, dass ich als junger Priester ein Zeichen setzen kann – gerade für junge Leute. Ich möchte zeigen, dass es möglich ist, den Glauben auch heute noch authentisch zu leben. Grundsätzlich hoffe ich, dass durch das Wagnis, das ich durch meine Lebensform als Priester eingehe, der Glaube gewinnt. Ich sehe mich als Diener des Glaubens.

Credo: Rätst du jungen Menschen mehr zum Wagnis oder mehr zur Vorsicht?

Fr. Franziskus: Ich empfehle jungen Menschen, Erfahrungen zu sammeln und aus diesen zu lernen. Wenn man nichts wagt, kann man auch keine Erfahrungen sammeln. Nur durch Erfahrungen kann man verstehen, was gut ist und was nicht, ob man sein Verhalten verändern muss oder sich wieder genauso verhält.

Grundsätzlich rate ich jedoch zum katholischen Prinzip des et-et, des und-und, also zu Vorsicht zum Wagnis und zu Wagnis zur Vorsicht. Man sollte also nicht in die Extreme hineingehen, sondern zuerst überlegen, bevor man eine Entscheidung fällt. Also welche Auswirkungen hat sie zum Beispiel auf andere. Und wenn man dann ein Wagnis eingegangen ist, sollte man währenddessen noch Herr der Lage bleiben und überlegen können. Wichtig ist immer, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch die Auswirkungen auf andere zu bedenken.

Credo: Vielen Dank für das Gespräch und Gottes reichen Segen für die Priesterweihe und deinen weiteren Weg.

 

Mehr über die Priesterweihe von Franziskus Schuler erfährst du auf der Website des Bistums Augsburg

Im Bistum Augsburg wurde 2023 auch Herbert Kramert (53) zum Priester geweiht.