Vor Ort · Interview mit einem zukünftigen Diakon 2024

Beten und Machen

Christopher Appelt ist einer der drei Weihekandidaten, die am 12. Oktober 2024 im Augsburger Dom zu ständigen Diakonen geweiht werden. Der gelernte Speditionskaufmann und studierte Sozialpädagoge stammt aus dem oberschwäbischen Bad Wurzach. Von 2019 bis 2023 war er als Referent in der Berufungspastoral tätig. Vor der Weihe haben wir uns mit dem Vater von fünf Kindern über seine Berufung unterhalten.

von Raphael Schadt · 04.10.2024

Christopher Appelt. Bild: Elias König OSB

Credo: Christopher, wo kommst du geistlich her?

Christopher Appelt: Meine geistliche Heimat ist die charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche. Ich habe durch meine Eltern die Gemeinschaft Immanuel Ravensburg e.V. kennengelernt. Dort habe ich mich der Jugendarbeit angeschlossen, Freunde und Heimat gefunden und den Glauben auf persönliche, freie und erfrischend freundschaftliche Art kennengelernt. Später hatte ich auch viel Kontakt zu Jugendarbeit der charismatischen Erneuerung in anderen Teilen Deutschlands – speziell in Niederbayern. Dort habe ich auch meine jetzige Frau kennengelernt. 

Credo: Nachdem du mehrere Jahre als Jugendpfleger in Traunstein gearbeitet hast, bist du zu deinen charismatischen Wurzeln zurückgekehrt und kamst nach Augsburg ins Gebetshaus. Warum? 

Appelt: Nach meiner Zeit im Erzbistum München-Freising wollte ich eigentlich nicht mehr in der Kirche arbeiten, weil mich die Glaubensvermittlung, die in meinem Arbeitsbereich stattfand oder eher nicht stattfand, frustrierte. In manchen katholischen Jugendgruppen wurde etwa das „Vater unser zu beten als kritisch, weil zu christlich, angesehen. Das passte nicht mit dem zusammen, was ich leben will.

Im Gebetshaus lernte ich das Beten neu. Gerade das zweckfreie Beten: Ich und Gott. Im Gebet auszuharren, auch wenn man etwa keine Gebetserhörung sieht. Annehmen, dass man den Plan Gottes erst im Nachhinein erkennen wird. Für mich war die Zeit eine Zeit der Ausbildung im Gebet, die ich nicht missen möchte. Im Gebetshaus gibt es eine große Freiheit, verschiedene Formen des Gebets zu lernen. Inklusive seinem ökumenischen Charakter und dem Anspruch, rund um die Uhr offen zu sein für Menschen, die mitbeten wollen.

Credo: 2019 bist du beruflich zum Bistum Augsburg gewechselt. Weshalb?

Appelt: Im Gebetshaus zu arbeiten ist ja eine sehr spezielle Art von Berufung. Mit einem starken Fokus auf dem Gebet und der Verkündigung durch Medien und Veranstaltungen. Als Sozialpädagoge fehlte mir die soziale Komponente. Tätiges karitatives Handeln war zu wenig Teil meiner täglichen Arbeit.

Gleichzeitig spürte ich, ich soll mich kirchlich engagieren und dem Ruf weiter folgen, den ich bereits bei der Studienentscheidung zum Sozialpädagogen fühlte und, dass es eine Form gibt, wie ich diese Berufung leben kann. Bei meiner Arbeit im Bistum Augsburg und besonders dann als Diakon kann ich beides kombinieren. Bischof Bertram sagt, wir müssen Liturgie und Diakonie wieder zusammenbringen. Ich habe jeweils das eine ohne das andere erlebt. Es funktioniert aber nur, wenn wir beides leben können.

Credo: Was ist deine persönliche Mission im Ruf zum Diakonat?

Appelt: Die Liebe Gottes sichtbar zu machen durch mein Tun, meine Talente und mein Gebet. Ob bei der Verkündigung des Evangeliums im Gottesdienst oder beim Ausräumen einer Messiewohnung. Wir sind als Kirche an einem Punkt, an dem wir Verschiedenes ausprobieren müssen, denn viele Menschen fragen nicht mehr nach Gott und scheinen ganz gut ohne ihn klarzukommen. Wir müssen einen Unterschied im Handeln machen und das geht nicht ohne Gebet.

Credo: Was ist dein „geistlicher Schatz”, den du in einer Pfarrgemeinde gern weitergeben willst?

Appelt: Dass Gott Sehnsucht nach persönlicher Beziehung zu uns hat. Wie diese in der Gebetsform konkret aussieht, ist erst einmal sekundär. Benedikt XVI. sagt, es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. Wenn durch mein Angebot fünf Leute mehr in die Anbetung gehen – Halleluja! Wenn danach fünf Leute mehr Besuche im Seniorenheim oder Krankenhaus machen – Halleluja!

Credo: In der Ausbildung zum Diakon gibt man dem Bischof ja ein Gelübde. Wie ging es dir dabei?

Appelt: Bei allem in dieser Ausbildung ist das Thema Berufung etwas Offenes, das sich bis vor der Weihe ändern kann. Wenn ich nach den Weiheexerzitien spüre, ich stehe nicht fest, kann ich ein Jahr warten und prüfen. Wir Diakone in der Ausbildung waren beständig in einer Berufungsprüfung und sind damit nicht leichtfertig umgegangen. 

Den Text mit den Gelübden habe ich öfters auch mit meiner Frau durchgelesen, mit der Frage: Kann ich das mit gutem Gewissen versprechen? Wenn ich beispielsweise angefragt werde, wegzuziehen – und das Bistum ist groß! – wäre ich bereit, das in Erwägung zu ziehen? Bin ich bereit, die Position der Kirche zu vertreten, wenn ich als Diakon angefragt bin, und meine Privatmeinung hintanzustellen?

Ich hab mich an eine Person sakramental gebunden, nämlich an meine Frau. Das ist meine erste Berufung. Jetzt binde ich mich speziell wieder an die Kirche. Diakon zu sein, kann ich nicht abends ablegen und morgens wieder anziehen. Das gilt dann 24/7. Das alles ist im Versprechen mit drin. „Treue-Eid” steht über dem Gelübde-Text und das nehme ich sehr ernst. In dem Moment, als wir es gemeinsam und laut gebetet haben, war ich tatsächlich sehr aufgeregt. Das war sehr intensiv und spannend.

Credo: Danke fürs Gespräch!

 

Anmerkung der Redaktion: Zum ständigen Diakon im Bistum Augsburg werden 2024 neben Christopher Appelt (Langenneufnach) auch Ralf Köhler (Memmingen), Werner Lohner (Gundelfingen) und Br. Lazarus Bartl (St. Ottilien) geweiht.

Mehr zum Thema: