Inspiration · Musiq

New Wave Worship

Heute stellen wir euch Janosch Moldau aus Neu-Ulm vor: ein international erfolgreicher, gläubiger Musiker, dessen Musik aber ganz anders ist als das, was uns aus dem Worship- und Lobpreis-Genre vertraut ist, nämlich ziemlich düster, zumindest auf den ersten Blick.

von Raphael Schadt · 01.12.2020

Janosch Moldau. Bild: Raphael Schadt

Credo: Janosch, deine Songs enthalten alle – mehr oder weniger offen – Texte über Gott. Wie ist das zu deinem Inhalt geworden?

Janosch: Meine Eltern haben uns den Glauben von Anfang an mitgegeben. Ich war immer katholisch – zumindest auf dem Papier. Meine Mutter war katholisch, mein Vater orthodox. Sie waren auf der Suche, auch in freien Gemeinden. So habe ich als Kind sowohl die orthodoxe Liturgie als auch charismatische Gottesdienste kennengelernt. Für mich war es interessant, das alles zu sehen, teilweise aber auch schwierig als Jugendlicher in der Sturm-und-Drang-Zeit immer in Gottesdienste zu gehen. Da kam ich mit dem Orthodoxen schon viel besser klar als mit dem Charismatischen. Später war ich eine Zeit lang selbst in einer freien Gemeinde. Mittlerweile bin ich ja katholisch. Wahrscheinlich ist das die Wurzel, die da gelegt ist. 

Credo: Trotzdem klingt deine Musik ganz anders als das, was man sonst aus dem christlichen Bereich kennt.

Janosch: Ich bin ein Kind der 80er. Das war die Zeit von Wave, New Wave und Post-Punk mit Bands wie Einstürzende Neubauten, die viel mit Stahl Krach gemacht haben. Oder kommerziellere – besser – eingängigere Bands wie Depeche Mode. Der Sound war industriell und das ist für mich immer so geblieben. Das war meine Jugend, an die ich sehr viele gute Erinnerungen habe. 

Janosch Moldau beim Interview mit Raphael Schadt. Bild: Veronika Striegel.

Lobpreis in Moll

Credo: Deine Musik ist im Vergleich zum etablierten Lobpreis wenig harmonisch aufgelöst oder sagen wir wenig „erlöst“. Warum?

Janosch: Ich finde es super, dass es Lobpreis gibt. Er ist absolut wichtig. Lobpreis-Texten kann ich sicher komplett zustimmen. Das sind ja Inhalte, die ich selbst kenne aus meinem Leben und die man in der Bibel nachlesen kann.

Aber jeder Mensch empfindet Musik oder auch gewisse Kunstformen anders. Die Zauberflöte von Mozart setze ich mal gegen die Mondscheinsonate von Beethoven. Wenn ich die Mondscheinsonate höre, bin ich zutiefst bewegt. Die Zauberflöte dagegen habe ich schon als Kind veralbert, die fand ich schon immer infantil. Nichts gegen die Leistung, die Zauberflöte ist eine tolle Komposition, aber eine, die mich nicht anspricht. 

Mich hat immer Musik angesprochen, die auch durch ein Gefühl der Traurigkeit hindurch etwas bewirkt. Deswegen ist meine Musik wahrscheinlich zu durchwachsen für Lobpreis. Für mich war ein Song toll, wenn ich mir selbst meine Gedanken und meine Geschichte dazu erzählen konnte, wenn Dinge offenblieben. Also ja, wenn du mich so fragst, lieber Bruckner und Bach als Hillsongs. (lacht) 

Wir müssen uns immer fragen, wie transportiere ich einen Song. Und mir reicht das nicht, wenn im Hintergrund ein E-Piano wie ein Kätzchen schnurrt. Das ist nicht das, was ich von Musik erwarte. Oder weil jemand die Gitarre schön dazu spielt, nur weil er gut geübt hat. Ist ja alles schön. Aber mir wäre es lieber, einer würde mal schief spielen und dafür mit Charakter. Mich würde es bewegen, wenn Text und Musik mich auf eine Reise mitnehmen. Aber Musik ist ja letztlich immer sehr individuell.

Im Studio. Hier entstehen Moldaus Beats, Loops, Mixe und Songs.

Songwriting – Inspiration – Einsamkeit

Credo: Wie entstehen deine Songs?

Janosch: Also ich setz mich nicht mit dem Bleistift hin und sage, ich schreibe jetzt einen Song – auch wenn meine ganzen CD-Booklets voller Texte sind. Die hat niemand aktiv geschrieben. Ich persönlich erinnere mich nicht daran. Auch wenn sich das komisch anhört. Songs kommen eigentlich aus dem Moment, aus der Intuition heraus. Zu schreiben ist für mich faszinierend, ja mystisch. 

Die Themen entstehen bei mir im Nachhinein. Von allem anderen, zum Beispiel von themenbasierten Sachen, Projektalben etc. merke ich, sollte ich eher die Finger lassen.

Ich spiele immer mit zwei Ebenen. Zum Beispiel im Song „Emotionally” stehen die Textzeilen: „There is one Love for me“ Dies könnte einfach ein normales Liebeslied sein, aber zum Schluss kommt die Zeile „There is one God for me”. Oder im Song „Sense for God” – „sense” heißt ja nicht nur ein Gefühl für Gott, das würde mir als Übersetzung nicht ausreichen, sondern vielmehr eine Art Fingerspitzengefühl – Feingefühl. Schon wenn ich durch die Natur gehe, kann ich sehr viel sehen. Dieses Feingefühl ist etwas, das ich sehr oft vermisse, in Musikrichtungen, Texten etc.

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Janosch Moldaus Musikvideo zu „Sense for God”.

Credo: Und wie entstehen die Songs ganz konkret?

Janosch: Im Studio lasse ich Loops sehr lange laufen, die Texte fallen mir dann zu diesen Harmoniewechseln irgendwann einfach zu. Die kommen aus so einer Art Monotonie heraus. Elektronische Musik hat diesen Charme, diese „scheppernde, monotone Coolness”. Dann kommt eine Harmonie drüber und plötzlich geht die Sonne auf und es triggert mich bspw. zu einer ganz speziellen Songtextzeile. Meist nur ein Fragment, vielleicht nur ein Refrain, ein Strophenpart und so baut es sich auf. 

Wenn so ein Fragment kommt, dann kannst du nicht sagen, ich muss jetzt irgend was anderes machen. Es reicht, zwei, drei Stunden etwas anderes zu machen und wenn du dann zurückkommst, kann der Faden weg sein. Deswegen fahre ich, wenn möglich, nach Weihnachten wieder nach Lugano in mein Kompositionszimmer, in Selbstquarantäne sozusagen. Da bin ich alleine. Das wird oft missverstanden, „ja, der egomane Musiker”. Aber mich zurückzuziehen ist sehr wichtig für mich, denn dort bekomme ich solche Texte geschenkt. Das sind Geschenke und die darf man nicht vergeuden. 

Credo: Für dich ist Inspiration Geschenk?

Janosch: Auf jeden Fall! Und auch ganz klar von wo. Ich bin es teilweise sogar leid, wenn ich mein Talent früher vergeudet habe mit exzessivem Feiern, was man als Musiker halt eben so macht auf Tour. Musik hat viel mit Einsamkeit und Verzicht zu tun, und dazu muss man auch stehen. Und für mich als Vater ist das auch manchmal gar nicht einfach. 

Credo: Hat dieser Rückzug etwas Mönchisches?

Janosch: Total! Ich würde auch mittlerweile, nach all dem, was ich gesehen hab, sagen – ist jetzt ein Witz, gell – ein Zölibat für Musiker einzuführen, das würde wahrscheinlich einiges mehr an künstlerischem Output und dafür weniger gescheiterte Ehen bringen (lacht).

Beim Interview im Arbeitszimmer.

Wirkung im säkularen Musik-Markt

Credo: Wie werden deine Texte von deinen Fans aufgenommen? 

Janosch: Ich würde sagen sehr gut. Als Musiker musst du ja heute mühsam einen Stamm, einen Tribe, eine Fan-Base aufbauen. Leute, die hinter dem stehen, was du tust. Dieser Tribe ist immer im Austausch und wir haben sehr viel Kontakt, auch über große Distanzen. Auch nach Konzerten gibt es oft viele Gespräche am Merchandise-Stand. 

Ich funktioniere auch „in der Welt”, denn da will ich sein. Ich hab den Anspruch, so professionell wie möglich zu arbeiten. Aber ich muss nichts Großes aufsetzen, um zum Beispiel Missionarisches zu transportieren. Aus dem, wie begrenzt ich bin, entsteht etwas, dem ich entsprechen kann. Ich kann auch ruhig extrem schwach sein und dadurch ein schönes Lied kreieren. Deshalb liebe ich meinen Beruf.

„Der dunkelste Weg ist der sicherste.” (Edith Stein)

Bestes Beispiel: „Not with the Son”. Da haben mir viele, auch aus der Kirche, gesagt, „was ist das denn? Das ist ja echt düster!” Aber jeder fragt doch mal, „ist das mit Jesus so oder gibt es nur Gott oder gar nichts?” Den Schmerz zu artikulieren, was wäre denn ohne Gott, ohne Jesus? Wie würde man das aushalten? Was geschieht dann auf Lebenszeit? Diese Düsterheit muss man aushalten. In der Kreuzeswissenschaft steht ja : „Der dunkelste Weg ist der sicherste.” – nämlich zu Gott hin.

Credo: Bald erscheint ein neuer Song von dir: „Light for me” Worum geht’s darin?

Janosch: In „Light for me” – geht es konkret um die ewige Frage, ob es Licht gibt für jeden Menschen und ob es eine Dunkelheit gibt, der man direkt entfliehen muss…

Credo: Janosch, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für deinen neuen Song!

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Teaser zum Neuen Song von Janosch Moldau „Light for me”.

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