Thema · Sakrament der Weihe

Wirklich das ganze Leben geben?

Im Sakrament der Weihe gibt ein Mann sein Leben Christus, damit er darüber verfügen kann. Ein Geweihter bekommt in der Weihe geistliche Vollmacht übertragen, um die Kirche aufzubauen und die Menschen mit dem Heil Gottes in Berührung zu bringen.

von Dr. Florian Markter · 25.08.2020

Im Bistum Augsburg empfingen in diesem Jahr vier Diakone die Priesterweihe. (Foto: Nicolas Schnell / pba)

Um in der Katholischen Kirche geweiht zu werden, ist eine persönliche Berufung durch Christus die erste Voraussetzung. Wie damals am See von Genezareth, als Jesus die ersten Apostel in seine Nachfolge berief mit den Worten „Folge mir nach!“, so vernehmen auch heute Männer diesen Ruf Jesu und geben mit den Worten des jungen Samuel eine erste Antwort darauf: „Hier bin ich – du hast mich gerufen.“

Im Priesterseminar prüft er mit Hilfe von erfahrenen Priestern und Seelsorgern diesen Ruf. Ebenso prüft die Kirche den Kandidaten hinsichtlich seiner menschlichen Qualitäten, seiner Neigung (Gebet, Hingabe) und Eignung (Studium).

Was bei der Weihe passiert

Durch Handauflegung und Weihegebet des Bischofs wird ein Kandidat zum Diakon, Priester oder Bischof geweiht und gibt sich damit ganz in die Hände Jesu Christi. Wer geweiht wird, im dem wird Jesus Christus sichtbar. Der Geweihte bekommt in der Weihe ein heiliges, unauslöschliches Prägemal verliehen, das ihm die Vollmacht verleiht, in seiner Weihestufe in der Person Christi zu handeln – vor allem die Sakramente zu spenden.

Er lebt damit nicht mehr nur für sich selber, privat, und geht seinem Beruf nach. Sondern sein Beruf ist seine Berufung. Und seine Berufung prägt den Geweihten in seinem ganzen Leben. Natürlich bleibt er eine eigenständige Persönlichkeit mit einem eigenen Willen, mit Stärken und Schwächen, mit verschiedenen Bedürfnissen. Aber der Geweihte versucht, all das Christus unterzuordnen, sich mehr und mehr mit ihm zu identifizieren und ihn durchscheinen zu lassen.

Handeln „in persona Christi“: Berufung und Auftrag Jesu

Mit der Weihe folgt er also nicht mehr einfach der Mehrheit um ihn herum, sondern seine lebenslange Aufgabe ist es, der Wahrheit zu folgen, die die Person Jesus Christus ist. Er handelt fortan „in persona Christi“.

Das wird im Neuen Testament an zwei Stellen besonders deutlich. Als Jesus seine öffentliche Verkündigung begann, tat er dies mit der persönlichen Berufung (Mk 3,13-19) und Sendung der zwölf Apostel (Mk 6,7): „Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus…Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben…“.

Am Abend vor seiner Kreuzigung beauftragte er sie mit der Feier der Eucharistie: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Er nahm sein Opfer am Kreuz an diesem Gründonnerstagabend vorweg und sagte vom Brot/von sich selbst: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ Um vom Wein sagte er: „Das ist mein Blut, das für Euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (vgl. 1 Kor 11,23)

In dieser Stunde wurde mit der Eucharistie das Priestertum eingesetzt. Die Aufgabe der Geweihten ist es, an die Stelle Jesu zu treten und dieses Gedächtnis Jesu aufrecht zu erhalten und den Menschen zugänglich zu machen. Denn darin finden die Menschen Erlösung.

Und die Apostel taten dies von Anfang an: „Sie hielten fest an der Lehre der Apostel (Glaube) und an der Gemeinschaft (Kirche) und am Brechen des Brotes (Eucharistie) und am Gebet“ (Apg 2,42). Und sie setzten durch Gebet und Handauflegung Männer ein, die sie bei ihrem Auftrag unterstützten, die wiederum Männer durch Gebet und Handauflegung zum Dienst in der Kirche weihten. Diese Weitergabe nennt man Apostolische Sukzession.

Jeder Geweihte ist Mensch und Sünder

Als Geweihter zu leben und in persona Jesu zu handeln, ist eine lebenslange Aufgabe. Hinter diesem hohen Anspruch bleibt jeder Geweihte meilenweit zurück. Denn jeder Geweihte ist auch immer ein Sünder – und es gibt keinen Unterschied zu jedem anderen Gläubigen. Jeder Geweihte ist ein Mensch wie du und ich. Jeder Geweihte muss – wenn er seine Aufgabe ernst nimmt – mindestens einmal pro Monat zum Sakrament der Versöhnung gehen. Und sich selbst durch einen anderen Priester von Gott vergeben lassen. Trotzdem sind die Geweihten mit der sakramentalen Vollmacht ausgestattet, die Sakramente gültig zu spenden – unabhängig von ihrer persönlichen Frömmigkeit. Sie sollen nicht sich selbst, sondern Christus verwirklichen.

Die drei „evangelischen Räte“:

Deswegen leben sie normalerweise nach den drei „evangelischen Räten“:

Ein Geweihter verzichtet auf die Anhäufung von Reichtum und bindet sich nicht an materielle Dinge, sondern allein an seinen Herrn Jesus Christus. Er lebt ehelos und bindet sich nicht an eine Frau, sondern allein an seinen Herrn Jesus Christus. Und ein Geweihter ist seinem Bischof gegenüber gehorsam und bindet sich nicht an seinen eigenen Willen, sondern allein an seinen Herrn Jesus Christus. Damit ist er verfügbar für alle Menschen, um möglichst vielen die Freundschaft mit Jesus Christus anzubieten.

Im Weihegebet der Priesterweihe heißt es zusammenfassend:

„Allmächtiger Gott, wir bitten dich: Gib deinen Knechten die priesterliche Würde. Erneuere in ihnen den Geist der Heiligkeit. Gib, o Gott, dass sie festhalten an dem Amt, das sie aus deiner Hand empfingen; ihr Leben sei für alle Ansporn und Richtschnur. Segne, heilige und weihe deine Diener, die du erwählt hast.“