Thema · Ein Zeugnis
„Lebendig wird das Leben erst in Gottes Gegenwart!“
von Johannes Frick · 28.10.2025
Ich bin Christ und lebe meinen Glauben katholisch. Doch das war nicht immer so. Vor über zehn Jahren stand ich an einem Punkt, an dem mein Glaube kaum mehr als an einem seidenen Faden hing – eigentlich nur noch an einer hauchdünnen Faser. Getragen wurde sie nicht von meiner eigenen Hoffnung, sondern von der Hoffnung eines anderen. Ein mir Fremder hoffte für mich, dass ich innehalten und umkehren würde. Damals fühlte ich mich innerlich leer, weit entfernt von Gott und allein.
Von Glaubensfülle – ins langsame Entferntsein
Dabei war ich von Kindheit an tief im Glauben verwurzelt. Ich wuchs auf der „Glaubensautobahn“ auf: als Sohn katholischer, praktizierender und engagierter Eltern. In einer internationalen, von Maria geprägten Gemeinschaft erlebte ich einen lebendigen, bunten und freudigen Glauben – und lebte ihn selbst. Diese Jahre der Jugend prägten mich sehr. Doch zu jenem Zeitpunkt waren sie nur noch schemenhafte Erinnerungen – und ich fühlte mich leer, verlassen, enttäuscht. Meinen Glauben hatte ich nicht einfach verloren, sondern ich hatte mich Schritt für Schritt davon entfernt – durch viele kleine Entscheidungen, die wie Ausfahrten von der Autobahn wirkten.
So fand ich mich schließlich im tiefsten Dschungel wieder: ohne Orientierung, ohne Licht, ohne Weg. Das Gefühl, mich völlig verlaufen zu haben, war bedrückend und ernüchternd zugleich. Und doch kam in mir ein Entschluss auf: Ich griff nach einer Schere, schnitt ein Blatt ab und sagte leise: „Jesus, ich weiß zwar nicht wie, aber ich mache mich auf die Suche nach dir.“
Aufbruch nach Amerika – Suche nach geistlicher Heimat
Mein Leben führte mich nach Amerika und damit auch meine Suche. Nach Jahren im europäischen Ausland wanderte ich aus – voller Erwartungen und Sehnsüchten. Dort begegnete ich einer überwältigenden Vielfalt christlicher Kirchen und Bewegungen. Ich ließ mich inspirieren, lernte von Menschen, deren Glaube mich berührte, und suchte ernsthaft nach einer geistlichen Heimat. Gleichzeitig trug ich aber auch meine Vergangenheit in mir.
Besonders eine Frage stellte mich vor eine Entscheidung: „Welche Rolle spielt Maria, die Mutter Gottes, in meinem Glauben?“ In der Gemeinschaft, die ich zu der Zeit besuchte, war für sie kein Platz. Und doch wusste ich: Ich kann ihre Bedeutung in meinem Leben nicht leugnen. Maria war und ist eine Begleiterin, die mich trägt. Sie hatte ihren Teil dazu beigetragen, dass ich mich letztlich auf die Suche nach Jesus machte. Diese Erkenntnis wurde für mich entscheidend: Ich bin Christ – und ich kann und will meinen Glauben nur allumfassend katholisch leben.
Meine Gottesbegegnung in der Stille
In dieser Phase wuchs mein Engagement in der Kirche. Meine Lektüre änderte sich. Ich nahm an Veranstaltungen, Exerzitien und Auszeiten teil, die meinen Glauben vertieften. Besonders während der Pandemie öffnete sich mir eine Dimension, die ich nie zuvor gekannt hatte: Sieben Tage verbrachte ich schweigend mit geistlicher Begleitung. Viel Zeit verbrachte ich in der Kapelle vor Jesus im Tabernakel. In dieser Stille geschah etwas Unerwartetes: Sie wurde lebendig. Es war, als ob mich die Gegenwart Jesu plötzlich umfing – eine Nähe, ein Friede, eine Liebe, die mein Leben verwandelte. Zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich ihn so deutlich. Ich fühlte mich zutiefst berührt, ja geradezu durchströmt von Leben – von einer Freude und Liebe, die aus seiner Gegenwart kam.
Der Jakobsweg – ein Weg der Verwandlung
Aus dieser Erfahrung wuchs in mir eine Sehnsucht nach mehr. Mir war klar, dass ich nicht mehr so weitermachen konnte wie bisher. Also traf ich eine radikale Entscheidung: Ich kündigte meinen Job, lagerte mein Hab und Gut ein und machte mich auf den Jakobsweg. Neun Monate war ich unterwegs. Was zunächst mein persönlicher Weg war, wurde zu einem gemeinsamen Weg – ein Weg der Begegnung und der Nächstenliebe.
Unterwegs erlebte ich, wie ein Friede, eine Liebe in mir wuchs, wie Dinge heilten: in der Stille der Kirchen, im Gebet vor dem Tabernakel, wie mir vergeben wurde, wie ich vergeben und neu anfangen durfte und wie ich Lasten losließ. Ich legte vieles, ja alles, in Gottes Hände. Praktiken meines Glaubens, die ich früher wie aus Gewohnheit vollzogen hatte, wurden auf einmal lebendig. Meine Sehnsucht nach Jesus wurde so groß, dass ich schließlich fast täglich die Heilige Messe besuchte. Ich lernte, dass Nächstenliebe Schicht für Schicht tiefer geht – immer noch ein kleines bisschen mehr.
Leben in seiner Gegenwart
Heute sehe ich mein Leben als ein Angebot. Ich möchte das Evangelium nicht nur für mich selbst lebendig halten, sondern auch für andere erfahrbar machen – soweit, wie ich es verstanden habe. Die Sakramente der Kirche und der geistliche Reichtum der katholischen Tradition sind für mich wie eine Werkzeugkiste mit Werkzeugen, die mir helfen, im Glauben zu wachsen. Hier habe ich Heimat gefunden.
Vieles hat sich seitdem verändert. Aber was mich trägt, ist das Vertrauen darauf, dass Jesus mir nahe ist und mich führt. Was bleibt, ist meine Sehnsucht – nach einer noch tieferen, lebendigeren Beziehung mit ihm. Denn wahrhaft lebendig wird das Leben erst in seiner Gegenwart.