Thema · Why Pfarrei?

CheckPfarrei: 5 Kriterien zur Selbstreflexion

Wenn es um die wichtigen Fragen des Lebens geht, vertrauen wir gerne auf den Rat von Bewertungsportalen. Hotels, Restaurants, Küchengeräte und sogar Ärzte – zu allem geben Menschen im Internet ihre Meinung ab. Nur für Pfarreien scheint es so etwas wie eine Feedbackkultur noch nicht zu geben. Der Grund: Gemeindeleben ist ja auch nicht so richtig bewertbar. Oder etwa doch?  

von Simone Zwikirsch · 24.01.2020

zwei junger frauen sitzen mit büchern und schreibzeug an einem holztisch
Foto: Alexis Brown on Unsplash

Auch wenn es für Pfarreien (noch) keine Online-Bewertungsportale gibt, ein wenig Selbstreflektion hat noch nie geschadet. Hier stellt sich die Frage: Was wäre wenn?  Man weiß ja nie, was sich dieses Internet in Zukunft noch so ausdenkt. Deshalb könnte es für Pfarreien durchaus lohnenswert sein, das Gedankenspiel „Check Pfarrei“ einmal durchzuspielen.

Eine Art Checkliste dafür gibt uns James Mallon in seinem Buch „Divine Renovation – Wenn Gott sein Haus saniert“ an die Hand. Dort definiert er fünf Systeme, die für ein gesundes Gemeindeleben vorhanden sein müssen, und an denen sich Pfarreien zur Selbstdiagnostik entlanghangeln können: Anbetung, Evangelisierung, Jüngerschaft, Gemeinschaft und Dienst. Ob Kirche als Institution oder im Kleinen als Pfarrei gesund ist, hängt von der Funktion und dem Zusammenspiel dieser Systeme zusammen ab, vergleichbar mit dem menschlichen Körper, der ebenfalls aus verschiedenen Systemen (Skelett, Nervensystem, usw.) besteht. Damit es dem Körper gut geht, müssen alle Systeme (insgesamt sind es zehn) funktionieren. Jede einzelne Funktion ist unverzichtbar. Fällt eines der Systeme aus oder funktioniert es nicht mehr richtig, beeinträchtigt dies die gesamte Gesundheit.

Für uns Pfarreimitglieder bedeutet dies – und das können wir auch ohne Medizinstudium ableiten: Alle Systeme des Gemeindelebens müssen funktionieren, damit die Gemeinde als Ganzes gesund ist. Wichtig für eine Diagnose oder eben eine gesunde Bewertung ist nur, dass wir verstehen, welche Bereiche des Pfarreilebens zu welchem System gehören Die Grundlage dafür gibt das Evangelium. Oder folgende Checkliste (nach DR, S. 340 f.):

Check 1: Anbetung/Verehrung Gottes

Ο  Wird in deiner Pfarrei die Eucharistie gefeiert? (Ernst gemeinte Frage? – Jein!
Denn die wichtigste Form der Verehrung Gottes ist die Feier der Eucharistie und sollte damit für Katholiken selbstverständlich sein. Deshalb vielleicht die bessere Fragestellung:

Ο  Wissen das die Pfarreimitglieder und feiern sie die Eucharistie wirklich in einer anbetenden Haltung?)

Ο  Gibt es in deiner Pfarrei Gebetstreffen oder Lobpreiszeiten, in denen Anbetung in kleinen Gruppen stattfindet?

Check 2: Evangelisierung

Ο  Schafft es deine Pfarrei, Menschen in die Begegnung mit Jesus Christus zu führen?

Ο  Entscheiden sich Menschen bewusst dafür, Jesus zu vertrauen und ihm nachzufolgen?

Ο  Sind Menschen bereit, infolgedessen die Sakramente zu empfangen?

Check 3: Jüngerschaft

Ο  Werden Pfarreimitglieder ermutigt, sich auf einen lebenslangen Prozess der Jüngerschaft einlassen wollen?

Ο  Werden sie dabei unterstützt, im Wissen, im Gebet und in der Erkenntnis der eigenen von Gott gegebenen Talente zu wachsen und Jesus nachzufolgen?

ausfüllen einer checkliste
Fotos: Glenn Carstens-Peters on Unsplash, Jenny Marvin on Unsplash,

Check 4: Gemeinschaft

Ο  Tragen die Gläubigen in deiner Pfarrei füreinander Verantwortung?

Ο  Habt ihr eine Gemeinschaft, in der man „gekannt und geliebt wird, beim Namen genannt und im Ruf der Heiligkeit unterstützt wird?

Check 5: Dienst

Ο  Reicht das Dienstverständnis in deiner Pfarrei über ehrenamtliche Tätigkeiten wie Lektoren- oder Kommunionhelferdienst hinaus? (Bitte nicht falsch verstehen: Diese ehrenamtlichen Dienste sind für das Gemeindeleben absolut unerlässlich und wertvoll.)

Ο  Geht die Pfarrei an die „Ränder der Gesellschaft“ und kümmert sich auch um die, die nicht dazugehören?

Fünfmal Check – Alles klar,  jetzt läuft`s!  Oder? – Nein, so einfach ist es natürlich nicht. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit gibt es nur ganz, ganz wenige Pfarreien, in denen wirklich jedes der fünf  Systeme einwandfrei funktioniert. Dessen ist sich auch Mallon bewusst, wenn er darauf hinweist, dass jetzt, nachdem der Gesundheitszustand der Pfarrei ehrlich bewertet wurde, der Genesungsprozess in Form von echter Strategiearbeit erst beginnt.

Pfarreien, die sich der Selbstdiagnostik unterzogen haben und ihren Gesundheitszustand nun verbessern möchten, sei an dieser Stelle Mallons „Divine Renovation“ als der „Health-Guide“ für Pfarreien –  wirklich ans Herz gelegt. Das Buch erläutert nicht nur den  Strategieplan zur Genesung von Pfarreien am Beispiel von Mallons Gemeinde in Halifax, sondern ermutigt Gemeinden auch dazu, Visionen zu entwickeln, die es für einen Erneuerungsprozess braucht.

James Mallon: Divine Renovation – Wenn Gott sein Haus saniert. Von einer bewahrenden zu einer missionarischen Kirchengemeinde. Erschienen bei D&D Medien (2017), 363 Seiten, 24,90€.