Vor Ort · In der Jugendarbeit

Freundschaft zwischen Mann und Frau

„Eine Freundschaft zwischen Mann und Frau ist nicht möglich!“ Hast du so eine Aussage auch schon einmal gehört? Ich habe das immer für Unsinn gehalten, aber kannte leider auch kein Positivbeispiel, das die Aussage widerlegen könnte. Also stimmt es etwa doch, dass eine Freundschaft zwischen den beiden Geschlechtern nur mit der Konsequenz einer Beziehung möglich und ansonsten zum Scheitern verurteilt ist?

von Sonja Heider · 14.04.2021

Selfie von zwei jungen Menschen auf einem Hügel
Die Freundschaft zwischen Sonja (18) und Johannes ist durch die Ministrantenarbeit entstanden. Bild: privat

Wir sind uns immer wieder begegnet – im Schulbus und durch unsere gemeinsame Vorliebe zum Tischtennis. Aber wirklich kennengelernt habe ich Johannes erst über die Ministranten, als er vor einigen Jahren weitere Jugendleiter suchte. Bei einem Ministranten-Wochenende habe ich Johannes angesprochen und ihm gesagt, dass ich Lust hätte, die Gruppenstunden mitzuleiten. In den darauf folgenden Monaten hatten wir Kontakt, der eigentlich nur der Organisation diente. Bis er mir schließlich eine Einladung zum Fest der Jugend in Salzburg geschickt hat.

Da ich Johannes echt gern mochte und ihn besser kennenlernen wollte, habe ich mir das Programm genauer angeschaut. Dabei haben mich vor allem zwei Dinge herausgefordert: einerseits die Kosten für mich als Schülerin, andererseits das durch und durch christliche Programm. Ich hatte mich damals unglaublich weit von Kirche und Glauben distanziert. Das Amen nach den Gebeten habe ich nicht mehr mitgesprochen und das Sakrament der Firmung hatte ich abgelehnt. Ich hatte keinerlei Beziehung zu Gott. Aber bei ein paar katholischen Jugendveranstaltungen hatte ich die Gemeinschaft dort immerhin positiv erlebt. Neben der Gemeinschaft war es wohl vor allem der Wunsch, Johannes besser kennenzulernen, der mich dazu gebracht hat, mich für das Fest der Jugend anzumelden.

Wir hatten drei wundervolle Tage in Salzburg. Abseits des Programms habe ich viel mit Johannes geredet und gelacht – über Lehrer und Schule, aber auch über tiefer gehende Themen wie den Sinn der Beichte. In dieser Zeit habe ich wieder angefangen zu beten. Auch wenn ich mir noch nicht sicher war, was die vielen Inhalte anging, wollte ich Teil der Gemeinschaft sein und bleiben. Deshalb entschied ich mich, meine Firmung nachzuholen. Dazu fragte ich am letzten Tag in der Anbetung Johannes, ob er mein Firmpate sein wollte.

Unser gemeinsamer Glaube begleitet die Freundschaft bis heute: beim Ministrantendienst, in der Gemeinde oder beim gemeinsamen Besuch von Veranstaltungen wie dem Internationalen Prayerfestival – aber auch außerhalb der Kirche in vielen Gesprächen, Aktionen und Hausandachten.

Firmling und Firmpate vor einem Altar
Credo Autorin Sonja bei ihrer Firmung mit Firmpate Johannes. Foto: privat

Sicher kennst du das Sprichwort, dass eine Freundschaft zwischen Mann und Frau unmöglich ist. Oft wird das damit begründet, dass einer von beiden irgendwann mehr will. Das kann ich in Hinsicht auf unsere Freundschaft leider nicht abstreiten. Während unser Kontakt näher und die Freundschaft stärker wurde, habe ich mich in Johannes verliebt. Ich dachte auch, dass die Chancen für eine Beziehung gar nicht so schlecht stünden. Deswegen beschloss ich, es Johannes zu sagen. Leider war das gar nicht so einfach. Als ich Johannes fragte, ob er mein Firmpate sein will, meinte er, dass ich mir diese Wahl lieber offenhalten sollte. Schließlich sei es noch ein ganzes Jahr hin. Ich erwiderte damals, dass ich mir sicher sei. In meinen Gedanken schwang noch ein kleines „Aber“ mit: „Aber was, wenn wir in einer Beziehung scheitern oder er mir vorher einen Korb gibt?“ Ich hatte Angst, dass das unsere Freundschaft zerstören würde. Nach vielen Monaten hatte ich endlich genügend Mut gesammelt und ihm gesagt, was ich für ihn empfand.

Kurz gesagt: Er hat meine Liebe nicht erwidert. Danach war es – ich weiß nicht so genau wieso – nie wirklich komisch zwischen uns. Klar, die Gefühle waren noch da und es war schwierig für mich. Aber er hat mir nie das Gefühl gegeben, dass meine Gefühle stören oder falsch sind. Er wollte von sich aus nie eine Pause in unserer Freundschaft oder keinen Kontakt mehr. Letztendlich hat die Wahrheit unsere Freundschaft gestärkt und mich frei gemacht. Es hat mich richtig viel Überwindung gekostet, es ihm zu sagen. Aber das ist die Basis für unsere heutige Freundschaft, in der wir leichter über alles reden können. Sei es darüber, was einen am Anderen stört, über unsere Gefühle oder Tabuthemen wie die Periode.

Auch in meinem Umfeld waren viele Personen davon ausgegangen, dass unsere Freundschaft in eine Beziehung mündet. Als wäre das ein ungeschriebenes Gesetz. Ich darf aber die Erfahrung machen, dass eine Freundschaft zwischen den beiden Geschlechtern nicht nur möglich, sondern eine echte Bereicherung ist.