Thema · Raus aus der Blase

Was kommt nach Alpha?

Wie kann Gemeindeerneuerung in unseren Pfarreien gelingen? Das wollten am vergangenen Wochenende mehr als 350 Gemeindevertreter und Interessierte beim Studientag des Instituts für Neuevangelisierung wissen. Der Titel „Wer A(lpha) sagt, muss auch B(eta) sagen“ lockte auch viele Teilnehmer aus den angrenzenden Diözesen. Die Anreise hat sich gelohnt. Geboten waren drei starke Vorträge, Workshops und das mitreißende Zeugnis einer jungen Alphakurs-Teilnehmerin. Credo hat mit den Referenten über die wichtigsten Fragen gesprochen.

von Simone Zwikirsch · 11.02.2019

Gottesdienst
Bild: Veronika Striegel

CREDO: Herr Pfarrer Baumgarten, Sie haben mit Ihrer Pfarrei bereits zwölf Jahre Alphakurs-Erfahrung. Ist Alpha ein erster Schritt zur Gemeindeerneuerung?

Pfr. Baumgarten: Alpha schafft zunächst einmal den Blick auf etwas Neues. Da merke ich schon, dass sich einiges verändert. Ich selbst habe durch Alpha eine Lernerfahrung gemacht mit der Folge, dass ich mittlerweile viel eher auf neue Leute zugehe, dass die bei mir inzwischen oft Vorrang haben. Denn die anderen haben ja bereits Kontakt. Und wenn ich als Pfarrer zuerst auf die Neuen zugehe, ist das ein sehr deutliches Signal.

Pfarrer
Pfarrer Christoph Baumgarten aus Leipzig, katholischer Alphakurs-Berater. (Bild: Veronika Striegel)

Credo: Nehmen Sie in der Pfarrei Ähnliches wahr?

Pfr. Baumgarten: Natürlich verändert sich das auch Stück für Stück bei den Leuten, die selber im Team und in den Alphakursen sind. Aber es gibt so ein Nebeneinander in der Pfarrei: Jene, die es einfach machen und andere, die es nicht wollen. Damit muss man klarkommen. Ich hoffe, dass es immer mehr werden, die in diese Richtung gehen.

Credo: Haben Sie dafür einen Plan?

Pfr. Baumgarten: Wir machen das hauptsächlich mit konkreten Veranstaltungen. Wir überlegen, was brauchen die Leute, die im Alphakurs waren? Das ist immer anders. Die einen suchen eher Gemeinschaft, der nächste Kurs braucht etwas anderes. Darauf versuchen wir zu reagieren.

Credo: Das klingt stark nach Veränderungen?

Pfr. Baumgarten: Absolut. Aber vor allem machen wir Dinge, die wir schon immer gemacht haben, anders. Wir machen Erstkommunionvorbereitung anders, wir machen Jugend-Alphakurse für Firmbewerber, weil wir merken, dass es sie mehr anspricht. Darüber hinaus haben wir mit Unterstützung des Bistums eine neue Stelle „Missionarische Ideenwerkstatt“ in unserer Großpfarrei geschaffen, mit dem Ziel, Leute zusammenzuführen, zu begleiten und neue Ideen zu entwickeln. Als Pfarrer kann ich das nicht alles selber machen. Es tut sich was. Man merkt, wenn viele beten, bewegt sich etwas.

 

Credo: Diana, du kommst aus einem absolut nichtchristlichen Umfeld. Wer oder was hat dich zu Alpha gebracht?

Diana: Gott! Also wirklich. Ich glaube daran, dass Gott mir Alpha geschickt hat, weil ich noch nicht bereit war für die Taufe. Weil ich so eine Angst hatte davor und weil mich das auch überfordert hätte. Ich glaube, dass Gott meine Wege dorthin gelenkt hat. Ich hatte nämlich das große Glück, dass der erste Alphakurs in Dresden dort angeboten wurde, wo ich mich entschieden habe, zur Taufe zu gehen. Ja, da kann ich nur sagen: Danke, lieber Gott.

Diana Brendler
Diana Brendler kommt aus Dresden und promoviert aktuell in Jura. Aufgewachsen ohne christliche Sozialisation fand sie nach vielen kleinen Gottesbegegnungen den Weg zu einem von Pfarrer Baumgartens Alphakursen. Danach ließ sie sich taufen. (Bild: Veronika Striegel)

Um ehrlich zu sein, auch Gott. Es gab so einen Moment, als wir bei Alpha über Jesus sprachen. Ich dachte: „Ne, das schaff ich nicht. Neben Jesus ist man das Aschenputtel des Christentums. Ich bin so eine Enttäuschung für Gott, ich mach das bestimmt ganz falsch.” Das hab ich dort im Gesprächskreis auch gesagt. Ein Teamer antwortete: „Ne, dafür ist Jesus überhaupt nicht da. Jesus ist eigentlich ein guter Freund von uns. Wenn wir uns Sorgen machen, weil wir Quatsch gemacht haben, dann ist Jesus der, der mit uns vor Gott geht und sagt: ‚Aber ansonsten war sie ne Supersuperliebe‘.“ Jesus ist nicht da, um uns Druck zu machen, sondern um uns zu zeigen, dass wir immer geliebt sind.” Da wusste ich, genau so möchte ich mein Leben führen. Immer in Liebe und im Wissen, dass Jesus da ist für die Liebe in meinem Herzen. Deswegen bin ich drangeblieben.

Credo: Wie sieht jetzt dein Glaubensleben aus?

Diana: Oh, ich hab übelstes Glück! Ich darf jetzt auch bei Alpha helfen und selbst Alphakurse leiten. Und Gott schickt mir immer Möglichkeiten. Als ich im Glauben feststeckte, schickte er mir jemanden vorbei, der mich fragte, ob ich zum Glaubensgesprächskreis mitkommen möchte. Jetzt hab ich einen Glaubensgesprächskreis – wie cool! Ich merke auch immer, ich bin zu faul zum Bibellesen und das müsste ich eigentlich öfter machen. Deswegen hat Gott mir jemanden vorbeigeschickt, der mich fragte, ob ich bei nem Bibelkreis mitmache. Übrigens, ich heirate dieses Jahr auch katholisch – und im Leben hätte ich nie geglaubt, dass das mal passiert. Da bin ich sehr dankbar. Ich hab großes Glück und viel Gott!

 

Credo: Herr Pfarrer Hesse, in Ihrer Pfarrei St. Anton setzen Sie Divine Renovation um. Wie sehen denn die ersten Schritte in einer deutschen Pfarrei konkret aus?

Pfr. Hesse: Wir bauen sehr stark auf Gebet und Alphakurse und wir versuchen, diese jetzt auch breit zu streuen. Wir machen Alpha für Jugend, Alpha für Erwachsene und momentan auch Alpha im Gefängnis. Darüber hinaus bieten wir auch Elternkurse und Ehekurse an, um Menschen aus den verschiedensten Lebenssituationen heraus mit dem Glauben in Berührung zu bringen.

Pfarrer
Bernhard Hesse ist Pfarrer in St. Anton in Kempten. Mit seiner Pfarrei geht er den Weg der Gemeindeerneuerung im Sinne von "Divine Renovation". (Bild: Veronika Striegel)

Credo: Welche pastoralen Herausforderungen sehen Sie dabei und wie lassen diese sich meistern?

Pfr. Hesse: Die große Herausforderung ist einerseits der Niedergang der klassischen Pfarrgemeinden. Umgekehrt stehen wir vor der Herausforderung, ob es uns gelingt, auch noch möglichst viele Menschen aus unseren Pfarrgemeinden missionarisch zu aktivieren. Es ist sehr schön, wenn wir auch Menschen aus den bestehenden Gemeinden auf den missionarischen Weg führen können. Sonst bleibt uns nur noch – und das ist immer sehr langwierig und anstrengend – ganz Fernstehende neu zu gewinnen. Das tun wir natürlich auch. Aber es braucht viel Zeit, bis ein Fernstehender den Weg in aktive Jüngerschaft findet.

Credo: Wie funktioniert Sakramentenpastoral im Sinne von Divine Renovation?

Pfr. Hesse: Entscheidend bei der Sakramentenpastoral ist, dass eine Erstevangelisierung vorausgegangen ist. Das muss uns klar sein. Dass man also bei Fernstehenden nicht mit der Sakramentenpastoral anfängt. Die Erstkommunioneltern beispielsweise müssen zuerst selbst Jesus kennen lernen, das geht am besten über Alpha. Wir machen Sakramentenpastoral bei uns bewusst am Sonntag selbst, nicht unter der Woche. Und wir kombinieren Erstkommunionvorbereitung zum Beispiel direkt mit dem Sonntagsgottesdienst. Davor eine Dreiviertelstunde Familienkatechese und dann begleiten unsere Teams die Leute in die Messe. So lernen die Familien auch unsere Gemeinde, die Willkommenskultur kennen. Ziel ist, dass sich vor allem die Erwachsenen auf einen Glaubensweg machen, nicht nur die Kinder.

Credo: Herr Professor Kurz, Sie haben über Neuorientierung und Rollenverständnis gesprochen. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen?

Prof. Kurz: Mir geht es speziell um das Rollenverständnis der Laien. Diese neigen ja heute dazu, alle seelsorgerischen Fragen an Hauptamtliche zu delegieren. Wir müssen dahin kommen, durch gemeinsames Wirken eine andere Pfarrei, ja eine andere Gemeinschaft zu werden.

Credo: Wie gelingt es, auch Laien für Gemeindeerneuerung zu befähigen?

Prof. Kurz: Das Wesentliche ist, dass wir versuchen, möglichst viele Menschen in Kontakt und in eine persönliche Erfahrung mit Jesus zu führen. Das ist die Quelle für alles andere.

Credo: Bekommen Sie bei diesem Ansatz nicht auch ordentlich Gegenwind?

Prof. Kurz: Ja natürlich. Wer etwas verändern will, bekommt immer Widerstand. Darauf kann man sich aber vorbereiten. Wichtig ist, dass wir alles in Liebe tun und denen nicht böse sind, die uns vielleicht Probleme bereiten. Wir müssen versuchen, es so zu machen, dass jeder sich als Mensch akzeptiert fühlt. Auch das Sakrament der Versöhnung ist dabei eine sehr hilfreiche Sache. Wer immer wieder versucht, dem anderen in Liebe zu begegnen, erlebt, dass es besser wird.

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