Thema · Leitartikel

Christliche Hoffnung ist mehr als Optimismus

Menschen hoffen. Es gibt „große“ Hoffnungen, die viele Menschen verbinden: So hoffen wir auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine. Wir kennen auch persönliche Hoffnungen: „Hoffentlich bleibe ich gesund.“ Als Fußballfan hoffe ich derzeit, dass der FC Augsburg nicht absteigt. Hoffnung ist auch ein zentraler Begriff des christlichen Glaubens. Doch was macht diese Hoffnung so besonders und anders als die „weltliche“ Hoffnung? In diesem Leitartikel zum neuen Thema „Hoffnung“ auf Credo erfahrt ihr mehr.

von Pfarrer Reinfried Rimmel · 14.04.2022

Pflänzchen sprießt voller Hoffnung in verbranntem Wald.
Pflänzchen sprießt voller Hoffnung in verbranntem Wald. Hoffnung ist überall. Bild: chokchaipoo-stock.adobe.com

Mit Glaube und Liebe gehört die Hoffnung zu den drei christlichen Tugenden – also Haltungen bzw. Einstellungen, die eng mit Gott in Verbindung stehen. Blicken wir, wenn wir die christliche Hoffnung beleuchten, zunächst auf einen außergewöhnlichen Gottesdienst, die Feier der Osternacht 2020 im Petersdom in Rom. Aufgrund der Pandemie war der Petersdom fast leer – ein trostloses Bild – und das beim Höhepunkt des Kirchenjahres! Umso mehr beeindruckten die Worte von Papst Franziskus. Er beklagte nicht die Situation, sondern sprach von der „Hoffnung in der Dunkelheit“.

Österliche Hoffnung

Die christliche Hoffnung ist zutiefst mit dem Osterfest verbunden. Im ersten Petrusbrief steht: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinem großen Erbarmen neu gezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“ (1 Petr 1,3). Jesus siegt, er ist auferstanden, das Licht ist stärker als die Finsternis, das Leben stärker als der Tod; das ist die lebendige Hoffnung in der Dunkelheit. Diese Hoffnung lässt uns anders leben und schlägt einen Bogen in das ewige Leben. Wir haben eine Hoffnung über dieses Leben hinaus, eine Hoffnung, die alles übersteigt.

Am Anfang einer Osternacht betet man mit zuversichtlicher Hoffnung: Einst dürfen wir am Sieg Christi über den Tod und an seinem Leben in Gott teilnehmen. In diesem Sinne ruft uns die Bibel zu: „Wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott die Entschlafenen durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen“ (1 Thess 4,13-14).

Wir hoffen, dass uns als Getaufte in dieser Welt das österliche Licht Gottes begleitet und wir am Ende unseres Weges bei ihm im Licht sein werden.

Sichere Hoffnung

Gott beobachtet uns also nicht aus der Ferne. Er liebt uns! Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist für uns in die Dunkelheit des Todes gegangen und auferstanden. Wir dürfen daher von einer sicheren Hoffnung sprechen. Im Neuen Testament lesen wir: Jesus Christus selbst aber, unser Herr, und Gott, unser Vater, der uns liebt, schenkt uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung (vgl. 2 Thess 2,16).

Diese sichere Hoffnung trägt uns in Licht und Finsternis. Gott verlässt uns sicher nicht. Wir können ihm vertrauen und uns auf ihn verlassen. Er kann alles verändern und letztlich zum Guten führen. So unterstrich Papst Franziskus an Ostern 2020: „Die Hoffnung Jesu ist anders. Sie legt die Gewissheit ins Herz, dass Gott alles zum Guten zu wenden vermag. Geben wir daher nicht der Resignation nach, legen wir nicht einen Stein über die Hoffnung. Auch wenn du im Herzen die Hoffnung begraben hast, gib nicht auf – Gott ist größer“.

Geschenkte Hoffnung

Dennoch können wir finstere Momente bzw. Zeiten der Hoffnungslosigkeit, die wir alle kennen, nicht einfach wegwischen. Der Petersdom war damals fast menschenleer. Es gibt genügend Gründe, hoffnungslos auf viele Orte oder Menschen zu blicken. Denken wir an die Kriege bzw. Krisen dieser Welt oder persönliche Nöte.

Vor diesem Hintergrund müssen wir uns vor Augen führen, dass wir Hoffnung nicht selbst machen oder herstellen können. Sie wird von Gott geschenkt, sie ist Gnade. Papst Franziskus sagte: „Es ist eine neue, lebendige Hoffnung, die von Gott kommt. Sie ist nicht bloßer Optimismus, sie ist nicht ein Schulterklopfen oder eine freundliche Ermutigung, mit einem flüchtigen Lächeln. Nein. Sie ist eine Gabe des Himmels, die wir uns nicht selbst besorgen konnten.“

Erbetene Hoffnung

Im Gebet dürfen wir Gott immer wieder um das Geschenk der österlichen Hoffnung bitten. Hoffnung und Gebet sind verwandt. So beten wir am Anfang eines Rosenkranzes: Jesus, stärke unsere Hoffnung!

Am Osterfest wird in die dunkle Kirche die Osterkerze getragen. Das Licht breitet sich aus und erzählt von der sicheren Hoffnung in der Dunkelheit. Das diesjährige Osterfest mag uns bestärken, mit Gottes Gnade Worte aus Psalm 39 vertrauensvoll zu beten: „Herr, meine Hoffnung, sie gilt dir!“

Geteilte Hoffnung

Die sichere österliche Hoffnung ist so großartig und befreiend! Man kann sie nicht für sich behalten. Wir sind aufgerufen, in der Finsternis dieser Welt lichtvolle Baumeister der Hoffnung zu sein. Mit Gottes Gnade sollen wir österliche Hoffnungszeugen sein. Wenn wir uns in unserem Leben umsehen, finden wir Menschen, die auf ein Wort bzw. Zeichen der Hoffnung, die diese Welt übersteigt, warten. Christen sind Boten des Ostermorgens.