Inside Basical · Reportage

Jahrgang 18/19: Warum fährt man eigentlich ins Heilige Land?

Israelfahrt des Basicals 2019 – „And what are you going to do there?“ Diese Frage bekommt man am Flughafen bei der Sicherheitskontrolle gestellt, wenn man nach Israel fliegen will. Und nachdem ich seit einer Woche wieder zu Hause bin, beschäftigt sie mich immer noch: Was genau wollte ich denn nun eigentlich im Heiligen Land? Was habe ich dort wirklich gemacht?

von Anna Protzek · 29.05.2019

Basical Landschaft Israel
Blick vom Ölberg auf Jerusalem. (Bild: Basical)

An einem Freitagmorgen im Mai starteten wir acht Basicals, fünf weitere Jugendliche, ein Priester und drei Leiter im Gepäck, in Richtung Münchner Flughafen, um nach Tel Aviv zu fliegen. Um überhaupt in das Flugzeug einsteigen zu können, mussten wir bei der Sicherheitskontrolle einige Fragen zu unserer Reise beantworten, und da war sie, die Frage: „And what are you going to do there?“. Worauf wir natürlich brav antworteten, dass wir eine Pilgerreise durch Israel machen und auf den Spuren Jesu wandeln wollten. Als fromme Pilger schienen wir kein Sicherheitsrisiko darzustellen und wir durften losfliegen.

Als wir in Israel ankamen und zum ersten Mal heiliges Land betraten, waren wir sehr aufgeregt; wusste doch keiner von uns, was genau uns erwartete. Alles schien fremd, die Bäume, das Klima, die Menschen, die hebräische Schrift. Unser sehr kompetenter Reiseführer und Priester Florian Markter hatte unsere Pilgerfahrt gut durchgeplant. Als wir am ersten Abend am See Genezareth ankamen und in unserer Unterkunft die Messe mit Blick auf den See feierten, machte sich in mir die Gewissheit breit, dass alles gut verlaufen würde und ich mich nur freuen konnte, Jesus und sein Land näher kennenzulernen.

Unsere Tage waren sehr ereignisreich und voller Eindrücke. Wir erfuhren gefühlt fast alles, was es über Israel und Jesus zu wissen gab. Gleichzeitig wusste ich immer noch nicht so ganz, was ich mir eigentlich von Israel erwartete. Unser gemeinsames Ziel als Pilgergruppe war es natürlich, Jesus und sein Land besser kennenzulernen, zu verstehen, wie er gelebt hat, und die biblischen Geschichten nachzuvollziehen. Aber was bedeutete das konkret für jeden Einzelnen von uns?

Wir gingen recht chronologisch vor und starteten in Nazareth, dem Ort, an dem Jesus aufgewachsen war. In einer Wohnhöhle, die man in der Verkündigungsbasilika besuchen kann, soll Maria gelebt haben. Das konnte ich nicht so ganz glauben. Nachdem ich aber meine Mitbewohner beten sah und die Wohnhöhle genauer betrachtete, kniete ich mich einfach hin. Ich stellte fest, was für den Rest unserer Reise sehr hilfreich war: Wichtig war nicht, ob jetzt dieser oder jener Stein der tatsächliche historische Ort war, sondern vielmehr, dass man sich hier an die Geschehnisse aus der Bibel erinnerte und versuchte zu begreifen, dass die Geschichten eben wirklich stattgefunden haben.

Hier jedenfalls sprach Maria ihr „Ja“ zu Gottes Plan. Ein starkes Stück; Ein junges Mädchen, das ihr ganzes Leben noch vor sich hat, sagt ja zu einem Plan, dessen Auswirkungen auf ihr Leben sie überhaupt nicht erahnen kann. Dieser Mut, Gott blind zu vertrauen, der ist schon ziemlich beeindruckend. Vielleicht kann Maria Vorbild für uns sein, auch wenn wir noch nicht so ganz genau wissen, wohin uns der Weg führt: Gott zu vertrauen und ihm unser „Ja“ zu geben. Denn jeder einzelne von uns ist „Part of his plan“.

Basical-Frauen in Kirchen in Magdala
Wir machten auch Halt in Magdala und besuchten die Kirche, die daran erinnert, dass auch Frauen Teil des Planes Gottes sind und die Kirche bis heute mittragen. Wie Maria von Magdala und unzählige andere Frauen in der Bibel. (Bild: Basical)

Wo wir hinkamen, tummelten sich Menschenmengen. Am Berg der Seligpreisungen waren zwar auch viele Pilger, aber als wir schweigend den Berg hinunter gingen, um eine Feldmesse zu feiern, spürten wir in der Ruhe förmlich, wie Jesus neben uns hergeht, mit uns die schöne Landschaft bewundert und unseren stillen Gedanken lauscht. Während wir unter einem Baum, mit Blick auf die Hügel Galiläas und den See Genezareth, die Bergpredigt hörten, konnten wir uns bildlich vorstellen, wie Jesus irgendwo hier saß und hunderte Leute lehrte und begeisterte.

Die Messe am dritten Tag feierten wir in Tabgha, einem Ort direkt am Ufer des See Genezareth. Hier hörten wir das Evangelium von der Brotvermehrung. In der Predigt machte uns unser Priester auf den kleinen Jungen aufmerksam, der seine zwei Fische und fünf Brote nach vorne brachte, während die Jünger überlegen, wie sie Tausende versorgen sollten. In unseren Augen sind die Gaben des Jungen unerheblich, aber Jesus sieht das ganz anders. Mit diesen wenigen Vorräten versorgte er die ganze Menschenmenge. Der Junge war hier ganz direkt Teil des Planes, und auch wir, die wir vielleicht nur zwei Stärken und fünf Schwächen haben, sind Teil eben dieses Planes! Jesus kann, wenn wir ihm unsere Stärken und Schwächen bringen, die ganze Welt durch uns verändern, auch wenn das für uns unmöglich scheint.

Nach vier Nächten am See von Galiläa machten wir uns auf in Richtung Jerusalem. So schön Galiläa auch ist, Jesus verließ die Gegend, um seinen Teil des Planes Gottes zu erfüllen. Und auch wir mussten uns von der Idylle trennen, um den Spuren Jesu weiter zu folgen.

Am Abend war es so weit, singend und betend sahen wir vom Bus aus Jerusalem: Eine vollkommen andere Welt. Unzählige Busse und Autos, viele Menschen, Militär. Von nun an liefen wir zu Fuß und machten uns gleich am ersten Tag auf den Weg zum Ölberg. Im Garten Gethsemane fingen wir an, die Leidensgeschichte Jesu nachzuvollziehen.

Der Kreuzweg, den wir am nächsten Tag die Via Dolorosa entlang beteten, zeigte das nochmal sehr deutlich. Wie in Trance lief ich betend durch die engen und vollen Gassen, den Blick auf den Boden gerichtet. Und obwohl der Boden nicht der war, über den Jesus gegangen war, konnte ich bei jeder Fuge und bei jedem Treppenabsatz förmlich spüren, wie das Kreuz auf Jesu Schultern einen Satz machte und ihn noch tiefer herunterdrückte. Wie sich mein Herz bei jedem Ruck des Kreuzes zusammenzog. Konnten sich Menschen gegenseitig so etwas antun? Geführt, wie von Gottes Hand, kam in meiner melancholischen Trance aber bald die Kreuzwegstation mit den weinenden Frauen, zu denen Jesus sagte: Weint nicht um mich! In diesem Moment riss ich mich zusammen, für Jesus, der mir hier wohl einen Wink mit dem ganzen Lattenzaun geben wollte. Vor kurzem machte mich jemand darauf aufmerksam, dass ich hier einen Moment des Trostes von Jesus erfahren hatte. Ohne es in diesem Moment verstanden zu haben, hörte ich auf, alles zu betrauern und konnte mich jetzt auf das Ziel unserer Weges vorbereiten: Die Grabeskirche.

Gruppenfoto Basicals Jordan
Zwischenstop am Jordan für eine Tauferneuerungsfeier. Hier hörte ich zum ersten Mal „Fest soll mein Taufbund immer stehen“ auf Japanisch. Israel – der perfekte Ort, die Weltkirche kennenzulernen! Bild: Basical

Als wir in der Kirche ankamen, in der es zugeht wie auf dem Jahrmarkt, gab es wie durch ein Wunder keine Schlange vor dem Golgothafelsen! Wir alle konnten uns Zeit nehmen und beten, während wir den Felsen berührten. Die Erkenntnis, dass Jesus WIRKLICH für uns, genau hier gestorben ist, sickerte langsam in unseren Verstand. Es fühlte sich an, als ob wir Gottes Plan folgten und sich alles um uns herum fügte, solange wir innig im Gebet waren.

Am Tag darauf starteten wir den Versuch, ebenso das Heilige Grab zu sehen, was uns nach eineinhalb Stunden Wartezeit auch gelang. Da hatte ich eine Art Déjà-vu. Er ist wirklich auferstanden! Von dieser Nachricht konnten uns nicht einmal die aufdringlichsten Aufpasser und Touristen ablenken.

Zurück in unserer Unterkunft war nach einem perfekten Abschluss in Form einer Gartenparty Packen angesagt. Mitten in der Nacht machten sich einige von uns durch die Jerusalemer Altstadt auf den Weg zur Grabeskirche. Dort fand eine Orthodoxe Liturgie statt. Die sonst so laute und hektische Grabeskirche war von einer sanften Gebetsstimmung erfüllt – nicht vergleichbar mit der Stimmung tagsüber. Für sie zählte das zu den Höhepunkten der Reise.

Am nächsten Tag verließen wir Jerusalem in Richtung Flughafen, wo wir uns langsam vom Heiligen Land verabschieden mussten. Bei der Ausreise wieder: „And what did you do in Israel?“ Zu viel, um es in wenigen Sätzen einem Sicherheitsmitarbeiter zu beschreiben. Heute habe ich eine Antwort darauf, die die Behörden wahrscheinlich nicht zufriedengestellt hätte: Ich bin Jesus nähergekommen und habe ein wenig mehr über mich und meine Berufung herausgefunden.

Selbst wenn ich nicht weiß, was mein Part in seinem Plan ist, so bin ich mir sicher, dass ich ihn erfüllen kann, durch seine Hilfe. Wenn ich Ja zu seinem Plan sage und ihm vertraue, dann kann gar nichts schief gehen!