Madita und Hannah vom Maria-Ward-Gymnasium Günzburg im Gespräch mit Weihbischof Florian Wörner.
Vor Ort · Frag den Bischof
Perfect Love – Mischt die Kirche sich ein?
von Raphael Schadt · 18.07.2025
Madita: Ist es nicht naiv zu heiraten, wo 50 % der Ehen scheitern und die Kirche sagt, dass man nur ein einziges Mal heiraten darf.
Weihbischof Florian Wörner: Die Kirche sagt es ja nicht, um uns zu gängeln oder uns Freiheit zu nehmen. Dass sie die Fahne für die Ehe und für die lebenslange Treue hochhält, hat damit zu tun, dass wir Menschen uns sehnen nach Liebe – und echte Liebe sagt ja nicht „Jetzt schauen wir mal für die nächsten zwei Wochen oder drei Jahre”, sondern Liebe strebt immer nach Dauer, Verlässlichkeit und anhaltender Verbindung.
Wer liebt, setzt sich gewissermaßen aus und geht ein Risiko ein. Liebe macht verletzlich. Und um dieses Geschenk der Liebe zu schützen, hat Jesus gesagt: „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.” Und er sagt es, weil er weiß, dass wir diesen Schutzraum der ehelichen Regelungen brauchen, um glücklich zu werden, um uns zu entfalten. Ich kann nur wünschen, dass viele Menschen die Erfahrung machen, dass es schön ist, in Ehe und Familie zu leben und dass es sich lohnt, hier zu investieren und über sich hinauszuwachsen.
Hannah: Warum mischt sich die Kirche überhaupt in das Liebesleben von Menschen ein?
Wörner: Ich würde es nicht als Einmischung bezeichnen. Es gibt ja viele Menschen, denen egal ist, was die Kirche sagt und die leben, wie sie es für richtig halten. Das ist ja auch ihr gutes Recht. Ich würde eher von Ratschlägen sprechen. Davon, dass die Kirche mit ihrer 2000-jährigen Erfahrung, mit dem, was Jesus ihr mitgegeben hat und was der Heilige Geist rät, den Menschen Gutes tun möchte und ihnen helfen, glücklich zu sein. Ihnen helfen, im Bereich der Liebe schöne Erfahrungen zu machen und eben nicht die Erfahrungen, die verletzen, die unglücklich machen, die große Not mit sich bringen können. Da gibt es eben Maßstäbe und Regelungen, die wichtig zu beachten sind. Die Kirche legt sie uns vor, damit wir versuchen, sie zu leben – im Wissen darum, dass es der Weg ist, glücklich zu werden.
Madita: Sie haben Regelungen und Maßnahmen angesprochen. Denken Sie, Jesus würde heute die gleichen Regeln aufstellen?
Wörner: Ich bin überzeugt, dass er es im Grundduktus wieder sagen würde. Denn es gibt Dinge, die sich, bei allen Veränderungen nicht ändern. Dass wir uns nach Liebe, nach Treue, nach Geborgenheit sehnen, bleibt. Genau deshalb sagt Jesus: Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Im Übrigen war er da strenger als sein eigenes Volk. Denn im Volk Israel gab es ja Regelungen, dass ein Mann seine Frau in bestimmten Fällen aus der Ehe entlassen konnte. Das konnte auch sehr ungerecht sein und große Schwierigkeiten mit sich bringen. Ich glaube, diese Regelung in Bezug auf die Ehe, würde er heute genauso sagen.
Hannah: Wenn die Kirche so viel von der Ehe und Liebe hält, warum dürfen Priester dann nicht heiraten und Kinder haben?
Wörner: Liebe geschieht ja nicht nur im Rahmen der Ehe. Und wenn wir von Liebe sprechen, dann meinen wir nicht nur die zwischenmenschliche Liebe und die Selbstliebe bzw. Selbstannahme, sondern es gibt das Doppelgebot der Liebe. Und das beginnt mit der Liebe zu Gott: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, und zwar mit ganzem Herzen und ganzer Seele, allen Kräften und den Nächsten lieben wie dich selbst.
Zölibatär leben heißt Gott an erste Stelle zu setzen. Das bedeutet Zeit investieren in die Beziehung mit Gott bzw. im Dienst vor Gott, sprich dem Dienst an den Mitmenschen. Also ganz für Gott und für die Kirche, für die Menschen da zu sein. Und dazu hat sich der Zölibat als sehr geeignet heraus entwickelt, der übrigens schon in der Heiligen Schrift vorkommt. Jesus ruft die Apostel, seine Jünger und Jüngerinnen in seine Nachfolge, seine besondere, ausschließliche Nachfolge. Paulus war ganz bewusst zölibatär lebend, um ganz da zu sein für die Menschen, denen er die frohe Botschaft brachte. Das ist der gute Sinn des Zölibats für Priester und Bischöfe.
Hannah: Wir brauchen doch alle Liebe.
Wie leben Sie ohne Frau bzw. Familie?
Wörner: Wichtig ist, dass ich mit Gott in Verbindung bin, und zwar jeden Tag. Dass ich Zeiten habe für meine Beziehungspflege mit Gott, fürs Gebet, für den Gottesdienst. Natürlich auch Zeiten, wo ich Gott um Verzeihung bitten kann, zum Beispiel im Sakrament der Buße. Und dann gibt es ja Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich befreundet bin, denen ich meine Wertschätzung, die mir ihre Wertschätzung schenken, also wo ich geborgen bin im Raum der Kirche und ein Netzwerk von Menschen habe, wo ich mich wohl fühle und gern bin.
Madita: Sie sprechen viel mit Paaren.
Was wäre demnach Ihr Beziehungstipp Nummer eins?
Wörner: Das Wichtigste ist, nie aufzuhören, miteinander zu reden, aufeinander zu hören und einander so anzuschauen, wie Gott uns sieht. Als zweites: Zeit und Raum finden, miteinander zu beten, auch als Familie. Das Gebet, die Beziehung zu Gott, schweißt zusammen und hilft von der Liebe her zu denken.
Wenn das schwierig geworden ist, kann man sich auch Hilfe holen. Allein in der Kirche gibt es zum Beispiel die Ehe-, Familien- und Lebensberatung, die man aufsuchen kann um Rat und Hilfe oder Mediation zu bekommen.