Thema · Corona-Krise

Social Distancing – mit Barmherzigkeit und Gottvertrauen

Social Distancing ist zum Masterplan dieser Wochen geworden. Auf der Straße, im Supermarkt, selbst beim Spaziergang im Wald treffen unsichere Blicke aufeinander und immer schwingt die Angst mit: „Steck mich bloß nicht an!“.
Inmitten dieser Zeit der Angst hat der „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“ eine heilende Message.
Ein Zeugnis.

von Gaby Sonnenberg · 18.05.2017

Wie funktioniert Barmherzigkeit in Zeiten des Social-Distancing? (Foto: Kate Trifo on Unsplash)

Liebe, Barmherzigkeit und Gottvertrauen – Was für eine Kombination! Es passierte an einem Barmherzigkeitssonntag, eine Woche nach Ostern. Ich durfte ein Stück mehr lernen, was Barmherzigkeit ist, und dass Barmherzigkeit und Liebe nicht voneinander zu trennen sind. Auf einmal ging mir auf: „Wenn du nicht barmherzig bist, kannst du auch nicht in der wahren Liebe sein. Wenn du nicht vergeben kannst, kannst du nicht in der wahren Liebe und somit auch nicht barmherzig sein. Und ebenso wenig, wenn du dich vor anderen fürchtest und sie meidest.“ Aber nun fange ich vielleicht erst mal an, meine Geschichte zu erzählen.

Ich kniete in der Kirche bei einem spanischen Gottesdienst in New York, weil ich für den englischen zu spät dran gewesen war, am sogenannten Barmherzigkeitssonntag. Ich hatte vorher die neuntägige Novene zum Fest der Barmherzigkeit gebetet und war nun auch wieder dabei, eifrig meine Wünsche Jesus vorzutragen. Der Gastpriester predigte sehr kraftvoll. Er hatte so einen mächtigen und motivierten Stil. Sehr natürlich, mit viel Leidenschaft. Ich habe nicht alles verstanden, aber er sprach davon, dass wir barmherzig sein müssen wie Gott. Und dass die Barmherzigkeit Gottes nicht von uns getrennt ist, hier auf Erden. Dass es mit der göttlichen Dreieinigkeit, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, in uns Wirklichkeit wird, hier auf Erden. Und das schloss er mit einem kräftigen Amen ab.

Gottvertrauen und Barmherzigkeit gehören zusammen

Und während dieser Predigt wurde mir immer klarer, was es mit Barmherzigkeit und dem Gefühl der Liebe auf sich hat und wie wichtig das Gottvertrauen ist.

In meinen Gedanken war auf einmal: „Ich werde so barmherzig sein, wie du barmherzig bist.“ Und das war für mich der Schlüssel. Ich hatte Tränen in den Augen. Sofort bemerkte ich, dass ich oft sehr hartherzig bin und es mir an Liebe fehlt, ich so vieles verüble und noch nicht vergeben habe. Ich dachte mir, da bitte ich Gott, Menschen in meinem Leben, die verstorben sind und denen ich selber noch nicht vergeben habe, zu vergeben. Mir wurde auch die Furcht bewusst, die ich vor einigen Menschen habe. Ja, ich bemerkte auch, dass mich manchmal Menschen angewidert haben, weil ich mich für besser oder schlauer gehalten hatte. All diese Situationen, in denen ich Menschen nicht geliebt und geachtet habe.

Hochmut ist deswegen auch so eine schlimme Sache. Weil man damit nicht fähig ist zu lieben.

Mangelndes Gottvertrauen verursacht Angst. Und Angst verzehrt die Fähigkeit, zu lieben

Und dann war da noch meine Angst, von anderen angesteckt zu werden da, die vor allem seit meiner Knochenmarktransplantation groß ist. Ich hatte angefangen, jeden Menschen als Gefahr meiner Gesundheit zu sehen und war bei jedem Husten angespannt und hatte eine innerliche Mauer aufgebaut. Ich bemerkte, dass das auch im mangelnden Vertrauen zu Gott geschieht und dies unter anderem ein Grund dafür ist, dass man nicht in der Liebe und somit nicht in der Barmherzigkeit ist. Aber deswegen bin ich trotzdem noch vorsichtig …
Was ich dabei gelernt habe, ist, dass mangelndes Gottvertrauen Angst verursacht. Und Angst verzehrt die Fähigkeit, zu lieben. Die Angst, dass jemand einem etwas wegnehmen könnte, wie Gesundheit, Wohlstand, Glück oder Gnaden, gute Gefühle, den guten Ruf oder andere Dinge.

Wenn du in der Barmherzigkeit bist, gibt es einfach keine Feinde mehr. Denn du möchtest für alle nur noch das Beste und verzeihst jedem und siehst auch keinen als Konkurrenten oder Gefahr. Und damit bist du auch noch im Frieden. Denn anstatt dass du verfluchst, segnest du unaufhörlich (Gen 12,2).
In dieses Geheimnis der Liebe hineinzuwachsen ist ein Prozess. Es braucht Zeit, den Mut zur eigenen Selbsterkenntnis, und die Erfahrung der vergebenden Liebe Gottes. Sie ist ein Gnadengeschenk des Heiligen Geistes, das meine Offenheit und Einwilligung braucht „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29).

Barmherzigkeit entsteht aus der innigen Beziehung mit Christus. Barmherzigkeit bedeutet: keine Angst mehr zu haben, dass mir etwas Schlimmes passieren kann, und mich zu verschenken.  Ja, es ist ein Prozess. Und meine Formel lautet ab jetzt:

Mit Gottvertrauen in der Barmherzigkeit und Liebe und somit im Frieden zu sein.