Vor Ort · Berufswechsel: Sich der Angst stellen

Ich muss nicht alles hundertprozentig beherrschen

Vor ein paar Jahren habe ich mich entschieden, meiner Berufung zu folgen und ich habe einen langen Weg der beruflichen Umorientierung eingeschlagen. Auf diesem Weg kommen immer wieder Ängste auf, zum Beispiel vor den Prüfungen und vor dem Versagen. Werde ich den Anforderungen des neuen Berufs gewachsen sein? Manchmal stelle ich alles infrage. Ich habe jedoch einen guten Umgang mit meinen Ängsten gefunden.

von Anna Natterer · 30.10.2023

Junge europäische Frau mit schwarzen Haaren und Studienmaterial Theologie vor einem Fenster
Auf dem Weg zur Hochschule. Foto: Ulrike Natterer

Im Rahmen eines Berufungsseminars durfte ich erleben und spüren, dass ich einen weiteren beruflichen Weg einschlagen sollte. So habe ich vor vier Jahren ein Fernstudium in der Theologie begonnen und bin seitdem auf dem Weg zur Gemeindereferentin. Ich fühlte mich bei dieser Entscheidung bestärkt und getragen. Zweifel kamen dabei eher selten auf. Aber im Studium habe ich jetzt immer wieder Ängste.

Schaff ich das überhaupt?

Aus meinem jetzigen Berufsfeld, der Hauswirtschaft, bin ich viel Praktisches gewohnt. So fällt es mir nicht immer leicht, die Inhalte für die Prüfungen im Studium zu lernen. Mich überkommen Gedanken wie: „Schaff ich das überhaupt?“ Mit diesen Gedanken taucht das ungute Gefühle der Angst auf. Angst davor, die Prüfungen nicht zu schaffen.

Angst überkommt mich auch, wenn ich im Rahmen meiner Ausbildung Schulunterricht geben muss. Ich hatte von Beginn an großen Respekt vor dem Unterrichten. Oft frage ich mich, ob ich überhaupt in der Lage bin, Wissen zu vermitteln. Ich habe Angst davor, dass ich nicht genügend vorbereitet bin und ich Wissensfragen nicht ausreichend beantworten kann.

Ist das Studium wirklich meine Berufung?

Zunächst zeigt sich meine Angst in diesen einzelnen Situationen. Dann stelle ich aber alles in Frage und bin mir plötzlich meines Weges nicht mehr so sicher. Das Getragen-sein und die Sicherheit sind in diesen Momenten erst mal weit weg. Der Weg scheint eine unüberwindbare Hürde zu sein, der ich nicht gewachsen bin.

Ich komme dann immer wieder an einen Punkt, an dem ich mir selbst die Frage stelle: „Warum habe ich denn jetzt Angst?“ Ich habe doch so lange im Gebet um meine Berufung gebeten und bin dem inneren Ruf nachgegangen. Dieses Studium muss doch das richtige sein. Es kommt also darauf an, wie ich mit meiner Angst umgehe.

Junge europäische Frau mit schwarzen Haaren und Studienmaterial Theologie an einem Schreibtisch beim Lernen mit christlichen Devotionalien im Hintergrund
Meine Lernzeit. Foto: Ulrike Natterer

Erste Erkenntnis: Ich muss nicht alles hundertprozentig beherrschen

Dann versuche ich mir klarzumachen, dass ein Studium harte Arbeit bedeutet und für mich ungewohnte Situationen aufkommen. Ein Theologiestudium hat anspruchsvolle Inhalte, die nicht nur wie in der Schule gepaukt, sondern mehr und mehr verstanden und durchdrungen werden müssen.

Mir hat es auch sehr viel geholfen, mir klarzumachen, dass ich nicht jedes Fachgebiet zu 100 Prozent beherrschen kann. Das ist für jeden Perfektionisten, und dazu zähle ich mich auch, erst mal ein Faustschlag ins Gesicht. Wenn ein Teil des Studiums aber schon geschafft ist, merkt man, dass man nicht alles wissen und können kann.

Zweite Erkenntnis: Gottes Nähe suchen

Ein viel wichtigerer Punkt ist aber, dass ich erlebe, wie ich mich in solchen Situationen bewusst auf die Suche nach Gottes Nähe begebe. Diese Suche kostet in Momenten der Angst besonders viel Kraft, da diese viel Raum einnimmt. Das Gefühl des Getragen-werdens verblasst dann mehr und mehr – gleichzeitig wächst die Sehnsucht danach. Dieser Sehnsucht möchte ich dann nachgehen. Das bedeutet, ich muss ins Handeln kommen: raus aus der Passivität und hinein in die aktive Rolle.

Ich versuche dann, auf den Beginn meiner Berufung zurückzublicken und mir vor Augen zu führen, wo Gott mich haben möchte. Meine Gebete werden dann intensiver und meine Bitten darum deutlicher. Wenn auch nicht sofort, aber es kommt: das Gefühl der Sicherheit und der Zuversicht. Es bricht die Angst, befreit mich, und ich kann weitergehen.

Dritte Erkenntnis: Ein Rückblick hilft

Und wenn ich am Ende auf solche Situationen zurückblicke: Ich habe bis jetzt alle Prüfungen bestanden und auch das Unterrichten hat gut geklappt. Es lohnt sich, Gott in schwierigen Situationen zu suchen. Mit ihm lässt sich Angst überwinden, davon bin ich überzeugt. Ich bin mir sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.

 

Anmerkung der Redaktion: In ihrem Glaubenszeugnis vom Dezember 2021 auf Credo erzählt Anna, wie Gott in ihrem Leben gewirkt und ihr eine neue Tür geöffnet hat.