Thema · Why Pfarrei?
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt
von Sr. Theresia Mende OP · 17.10.2019
In der Offenbarung des Johannes, Kap. 2-3, ist davon die Rede. Es gab damals schlichtweg eine Visitation – genau wie heute: der Bischof besucht eine Pfarrgemeinde, um sich ein Bild von dem religiösen Leben dort, von den Gremien und Verbänden zu machen, und schickt anschließend einen Visitationsbericht an die Gemeinde. Darin zeigt er einerseits lobend und ermutigend die positiven Entwicklungen auf, legt aber andererseits auch den Finger auf Missstände und Fehlentwicklungen und ermahnt die Gemeinde, in diesen Punkten eine Wende zum Besseren anzustreben. Genau das geschieht auch nach der Offenbarung des Johannes in den ersten Christengemeinden – mit dem einzigen Unterschied, dass der Visitator nicht der Bischof, sondern Jesus selber ist, der seine „Visitationsberichte“ oder „Sendschreiben“ durch den Apostel Johannes übermittelt.
Interessant ist, dass Jesus am Ende eines jeden Sendschreibens die Gemeinde nicht zu noch mehr Projekten, noch mehr Pastoralplänen, zu noch mehr „Action“ auffordert, sondern schlichtweg zum „Hören“: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Offb 2,7.11.17.29; 3,6.13.22).
Hören auf den Geist Gottes, sich führen lassen von ihm, ist offensichtlich das einzig Notwendige und das einzig Richtige in Zeiten der Erschlaffung und der Krise. Es ist der Geist Gottes, den der Auferstandene seiner Kirche verheißt, keine Projekte, Modelle u.ä.. Er sagt zu den Aposteln: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird“ (Apg 1,8). Er ist „die Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49), der „Beistand“, der die Kirche durch die Geschichte hindurch begleiten und in der Wahrheit halten wird (Joh 14,16f). Und derselbe Geist ist es, aus dem an Pfingsten die Kirche geboren wird, der die Apostel zu mutigen Zeugen des Evangeliums macht, die aufbrechen, um in aller Welt Jesus zu bezeugen, und der nicht zuletzt der jungen Kirche den Weg zu den Völkern und in die Herzen der Menschen bahnt. Derselbe Geist ist es, der auch heute die Kirche begleitet, der Neuaufbrüche in der Kirche wirkt, der die Menschen mit einer unwiderstehlichen geistlichen Kraft und Autorität erfüllt und sie nicht zuletzt zu mutigen, frohen und begeisterten Zeugen Jesu Christi macht.
Wir Kollegen im Institut für Neuevangelisierung dürfen das immer und immer wieder in den Gemeinden erfahren: wie großartig der Geist Gottes wirkt, wie er Menschen aus der Lethargie herausholt, sie verwandelt und zu brennenden Jüngern Jesu macht. Und das geschieht überall dort, wo die Menschen Jesus persönlich begegnen, wo sie von ihm tief angerührt werden, wo sie erfahren dürfen, dass er die Erfüllung ihrer tiefsten Sehnsucht ist. Dort brechen Quellen der Liebe, der Hingabe, der Begeisterung und schließlich der Bereitschaft auf, sich senden zu lassen, wie einst die Apostel am Pfingsttag.
Das einzige Ziel unserer Bemühungen in der Neuevangelisierung besteht deshalb darin, die Menschen zu Jesus zu führen, den Raum zu bereiten, dass sie ihm begegnen und er sie anrühren kann. Wir sind überzeugt, dass Jesus der eigentliche Missionar ist. Gerade in unserer Zeit, wo Menschen wie nie zuvor beständig von Worten und Bildern überflutet werden, können wir sie mit noch mehr Worten und Bildern, und seien sie noch so geschickt gewählt, nur schwer erreichen, geschweige denn überzeugen. Doch wenn es uns gelingt, sie unmittelbar vor den Herrn zu führen, sowohl in seinem Wort als auch in der heiligen Eucharistie, dann ist es Ihm ein Leichtes, sie tief im Herzen anzurühren, zu verwandeln und neues Leben hervor zu bringen.
In allen Veranstaltungen und Angeboten des Instituts für Neuevangelisierung findet sich deshalb diese innere Struktur: Wort und Sakrament – geistliche Bibelauslegung und eucharistische Anbetung. Das sind die beiden Säulen, auf denen alles ruht. Zugegeben: Es ist nicht immer leicht, sich selbst zurückzunehmen und den Herrn wirken zu lassen. Aber es ist unbedingt notwendig, ihm den Leer-Raum in unseren Pfarreien und in uns selbst zu überlassen und nicht mit eigenen Plänen zu füllen. Wenn wir das wagen, das „Ruder“ aus der Hand zu geben und es dem Geist Gottes zu überlassen, dann überrascht er uns mit großartigen Wundern wie zum Beispiel diesen:
Ein ungetauftes Kind, das nach mehrmaliger Teilnahme an Anbetungsnächten in seiner Schule den Wunsch geäußert hatte, getauft zu werden, erklärte mir auf die Frage, warum es getauft werden will: „In der Anbetung habe ich gespürt, wie Jesus mich genommen hat!“ Und eine Teilnehmerin an einem Neuland-Glaubenskurs schrieb mir: „Ich habe einen neuen, lebendigen Zugang zur Bibel bekommen, zu den wertvollen Botschaften, die ja auch für uns aktuell sind. Da wird einem bewusst, es geht nicht um Geschichten und Personen aus einer längst vergangenen Zeit, sondern die Bibel steckt voll weiser Hilfestellungen für uns Menschen von heute. Schritt für Schritt erschließt sich uns an den Abenden unser Glaube, unser liebender und sorgender Gott neu. Es ist als würde frisches Wasser den Nährboden der Seele erreichen und das, was dort wartet, neu beleben, zum Keimen bringen. Der Kurs ist keine theoretische Anleitung oder Wissensvermittlung. Er erschließt uns einen neuen Zugang und gibt uns die Möglichkeit, im Glauben zu wachsen, tiefe Freude zu empfinden. … Ich fühle mich so reich beschenkt, in Herz und Geist erreicht, und ich kann wachsen auf Gott hin.“