Vor Ort · Türkheim

Als lebendige Zeugnisse von Tür zu Tür

„Grüß Gott, wir kommen von der Pfarreingemeinschaft Türkheim, wo gerade die Missionarische Woche stattfindet und würden Sie gerne zum Programm einladen und Ihnen diese Kerze schenken.“ Eindrücke von der Missionarischen Woche in Türkheim, die vom 20. bis 29. September stattfand.

von Lucia E. · 04.10.2019

So stellten wir uns an den Haustüren der teils etwas überforderten Bewohner Türkheims und Umgebung vor. Jeweils zu zweit machten wir uns als sogenannte „Missionare“ von Haus zu Haus auf den Weg und versuchten, möglichst viele Leute zu erreichen, sie zum Abendprogramm einzuladen und über den Glauben zu sprechen (siehe Matthäus 10, ziemlich biblisch das Ganze :)). Die Reaktionen waren unterschiedlich: Von erfreuten Menschen, die uns gleich ins Haus einluden, bis hin zu verschlossenen Türen war alles dabei. Ein Mann sperrte sogar extra noch die Haustür von innen ab. Vielleicht hatte er uns mit den Zeugen Jehovas verwechselt.

Normalerweise besteht die Gruppe der Missionare überwiegend aus jungen Ehrenamtlichen, die verstreut aus der ganzen Diözese Augsburg und darüber hinaus kommen. Doch diese Mal war die Anzahl der Personen eher klein, weshalb die Missionarsteams erstmals mit Pfarreimitgliedern aufgestockt wurden. Im Nachhinein stellte sich heraus, wie gut dieses Konzept ist, denn so war der direkte Kontakt der Personen an den Haustüren zu einer Person aus der Gegend möglich.

„Die Missionarische Woche bietet eine wunderbare Möglichkeit für Pfarreien, einen Neuanfang zu machen.“

Ich war beeindruckt von den Leuten, die in ihrer eigenen Pfarreiengemeinschaft als Missionar unterwegs waren. Schließlich erfordert es großen Mut, in der direkten Heimat an Haustüren zu klingeln, mit den Leuten über den Glauben zu sprechen und zu beten. Und man braucht Kraft, um Ablehnungen aushalten zu können. Was mich noch mehr beeindruckte: Manche von ihnen waren sogar bereit, vor vielen Menschen der Pfarrei Zeugnis zu geben und aus ihrem ganz persönlichen Glaubensleben zu erzählen.

In dieser Woche durfte ich bei den Hausbesuchen auch einige Senioren (das ist die Altersgruppe, die am meisten zu Hause anzutreffen ist) kennenlernen. So stand für mich persönlich diese Missionarische Woche unter dem Motto „Von den älteren Leuten lernen“. Zum einen, was die Gastfreundschaft anbelangte: Da gab es einige ältere Menschen, die ein paar der Missionare bei sich aufnahmen (wenn man nicht aus der PG kommt, wohnt man bei Gasteltern), andere bekochten uns tagsüber. All diese Leute hatten eines gemeinsam: ihre große Liebe, mit der sie das taten. Die Herzlichkeit, wenn man ihnen begegnete. Ihre Freude über uns junge Menschen und unsere Mission. Ihre Dankbarkeit für das, was in dieser Woche geschah. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihren Dienst taten und ihr Blick für die Bedürfnisse der anderen.

„Ältere Menschen erzählten uns bei den Hausbesuchen, dass sie regelmäßig in die Anbetung gehen, die es in Türkheim seit bereits 20 Jahren durchgehend gibt.“

Eine taffe Oma – ich fand sie total cool – erzählte uns, dass sie in einer Gruppe von Senioren ist, in der öfter Anfeindungen gegen den Glauben und die Kirche kommen. Sie möchte die Gruppe aber nicht verlassen, denn man könne nicht wissen, ob man vielleicht der einzige Gläubige im Umfeld anderer Leute sei, sagte sie. Deshalb bleibe sie, um lebendiges Zeugnis zu sein. Andere ältere Menschen erzählten uns bei den Hausbesuchen, dass sie regelmäßig in die Anbetung gehen, die es in Türkheim seit bereits 20 Jahren durchgehend gibt. Teilweise investieren sie dafür mehrere Stunden pro Woche, um bei Jesus zu sein. Manche erwähnten es ganz beiläufig. Es ist selbstverständlich für sie, dass sie Zeit mit Gott verbringen wollen. Aber auch von Menschen, die nicht so gläubig sind, lernte ich. Vor allem, wie wichtig es ist, nicht alles sofort hinzunehmen, sondern zu hinterfragen. Besonders mit einem evangelischen Mann konnte man wunderbar über die katholische Kirche reden. Er fand es bedauerlich, dass man nur auf die schlechten Dinge sieht und nicht das viele Gute anerkennt, das sie tut.

Einer der abendlichen Programmpunkte war der Jugendabend. Wir hatten natürlich viel Werbung gemacht und erwarteten dementsprechend viele junge Leute. Ich war schon etwas aufgeregt und leicht angespannt, als nach und nach die ersten Leute kamen. Ich wartete… und es kamen keine weiteren. Man konnte sie vermutlich an zwei Händen abzählen. Es waren mehr Missionare als Jugendliche aus dem Ort da. Wie enttäuschend! Irgendwie hatte ich mehr von Gott erwartet. Dennoch sahen wir den ersten Film des Jugend-Alphakurses an und kamen darüber ins Gespräch.

Das Ziel des Abends war, in Türkheim einen Jugend-Alphakurs zu etablieren. Wir hofften, dass sich genügend Interessenten finden würden, die ihn weitermachen wollen. Ich rechnete fest damit, dass realistisch gesehen mindestens die Hälfte kein Interesse haben und das alles total langweilig finden würde. Aber Gott weiß schon, was er tut: Fast alle trugen sich in die Listen ein, der Jugend-Alphakurs kann starten (zusätzlich zu einem für Erwachsene)!

„Ich konnte mir einige Leute aus der Pfarreiengemeinschaft zum Vorbild nehmen und nur darüber staunen, was der Herr dort bewirkt.“

Eine kleine Anekdote noch zum Schluss: Bei meinem letzten Hausbesuch am Samstag öffnete uns eine Frau, die erstaunt war, als wir erzählten, dass wir von der katholischen Kirche sind. Sie meinte: „Wir sind Zeugen.“ und ich begann sofort, breit zu grinsen. Wie viele Katholiken können schließlich von sich behaupten, bei Zeugen Jehovas an der Haustüre geklingelt zu haben, um zu missionieren? Man kennt die Situation eher anders herum. Beidseitig war schnell klar, dass wir einander nicht „bekehren“ können, aber ich hoffe, dass wir ihnen durch unseren Besuch und unsere Gebete füreinander eine Freude machen konnten.

Mein Fazit der Woche: Die Missionarische Woche bietet eine wunderbare Möglichkeit für Pfarreien, einen Neuanfang zu machen und vor allem bei den Hausbesuchen Leute zu erreichen, die man sonst nicht erreichen würde. Für mich persönlich war diese Woche lehrreich, ich konnte mir besonders aus der Pfarreiengemeinschaft einige Leute zum Vorbild nehmen und darüber staunen, was der Herr in ihrem Leben, in meinem Leben und in der Pfarreiengemeinschaft bewirkt. Voll Freude konnte ich am Ende der Woche das Mottolied mitsingen: „Es preisen Himmel und Erde dich, den Schöpfer der Welt, singen Halleluja!“