Thema · Worum es an Weihnachten geht

Gibt es den Weihnachtsmann wirklich?

Die Frage nach dem Weihnachtsmann haken wir gern als Kinderkram ab. Natürlich gibt es den Weihnachtsmann nicht. Wenn man allerdings in unsere gegenwärtige Kultur und vor allem in die Konsumtempel guckt, springt einem der dickliche Mann in rotem Anzug und weißem Rauschebart unausweichlich entgegen. Man muss also fast sagen: den Weihnachtsmann gibt es durchaus. Vielleicht nicht inmitten seiner Elfen am Nordpol, aber als Konzept in unseren Köpfen und als überraschend reale Werbestrategie.

von David Fischer · 22.12.2021

Profil eines Weihnachtsmannes
Der Weihnachtsmann, wie man ihn sich vorstellt. ©gpointstudio, stock.adobe.com.

Wo kommt der Weihnachtsmann her?

Bei einer so relevanten Figur kann man sich schon mal fragen, wie es überhaupt kommt, dass wir den gutmütigen Geschenkboten auf seinem Rentierschlitten spätestens ab Dezember gefühlt überall zu sehen bekommen.

Wie fast immer bei althergebrachten Kulturgütern, ist die Herkunft dieser Kunstfigur von den verschiedensten Traditionen geprägt. Für uns Katholiken ist der Heilige Nikolaus von Myra natürlich der wichtigste Einfluss. Allerdings kommt auch das russische „Väterchen Frost“, Einflüsse aus der Mythologie und ein großer Einfluss aus der amerikanischen Kulturgeschichte hinzu. Und irgendwie ist es passiert, dass der Weihnachtsmann angeblich am Geburtsfest Jesu Christi umgeht und sich großzügig zeigt. Sogar so großzügig, dass es bis heute bei vielen Kindern üblich ist, sehr reale Briefe an diesen Geschenkemacher zu schicken.

Wer war der Heilige Nikolaus?

Wenn man sich einige der Heiligenlegenden zum Heiligen Nikolaus ansieht, erklärt sich recht schnell ein loser Zusammenhang zum heutigen Weihnachtsmann. Bei den verschiedensten Gelegenheiten hat sich der Heilige Nikolaus gegenüber den Armen als Wohltäter gezeigt und Bedürftige vor unfreiwilliger Ehe, Hunger und allerhand anderem Übel gerettet.
Man erzählt sich auch, dass der Hl. Nikolaus als Teilnehmer des Konzils von Nicäa tatkräftig an unserer heutigen Lehre über die Dreifaltigkeit mitgewirkt hat. Etwa indem er dem führenden Theologen der Gegenseite „Arius“ ordentlich eine gescheuert haben soll. Zumindest erklärt diese Episode den Brauch, dem sonst so gutmütigen Nikolaus noch den „Krampus“ bei Seite zu stellen, um eventuelles Fehlverhalten ahnen zu können. Da hat man wohl einen Aspekt des Heiligen ausgelagert, um die Sache etwas weniger kompliziert zu machen.

Prüfungsangst

Leider hat diese strenge Seite am Heiligen Nikolaus im letzten Jahrhundert bei vielen Kindern aus katholischem Haus einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Dabei ist diese Neigung zum Züchtigen vermutlich einem religiös gefärbten Übereifer zu verdanken, denn der Heilige Nikolaus hätte sicherlich kein Interesse gehabt, mehr oder minder tiefgreifende Gedichte abzufragen. Das Fest des Heiligen Nikolaus fällt viel mehr in die Mitte der vorweihnachtlichen Fastenzeit, die in der römisch-katholischen Kirche um das Fest des Heiligen Martin begann und 1917 abgeschafft wurde. Der Heilige Nikolaus kontrollierte also den „Fortschritt“ beim Fasten. Etwas relativieren lässt sich der strenge Charakter des Nikolaus, wenn man an die vielen Köstlichkeiten, die an dem Fest verteilt werden denkt. Diese sind wohl darauf zurück zu führen, dass das Hochfest ja eine Ausnahme im Fastenkalender war und man es sich am Fest des Hl. Nikolaus kulinarisch gut gehen hat lassen.

Polarexpress

Der Nikolaus ist also definitiv nicht der Weihnachtsmann. Wer ist der Weihnachtsmann dann? Im Wesentlichen ist er wohl einfach eine Werbefigur. Diese relativ leere Figur wurde durch die Popkultur in den USA mit allerhand Phantastischem gefüllt und in den USA gibt es weitere Ansätze, die Figur moralisch aufzuladen. Vor einigen Wochen bin ich mit meiner Frau über den Animationsfilm „Polarexpress“ gestolpert. Der Protagonist, ein ca. 10-Jähriger Junge gerät ins alterstypische Zweifeln, ob es denn den Weihnachtsmann wirklich gibt. Im Traum hält just vor seiner Haustür der „Polarexpress“. Der wunderbare Zug nimmt den Jungen mit auf die abenteuerliche Reise zum Nordpol, wo bekanntlich der Weihnachtsmann haust.

Nach einer erlebnisreichen Fahrt, kommt es auf dem zentralen Platz des Weihnachtsmann-Dorfes zum Showdown. Der Weihnachtsmann zeigt sich und der Protagonist darf den ersten Weihnachtswunsch äußern. Er wünscht sich eine magische Glocke, die nur diejenigen klingeln hören, die an den Weihnachtsmann glauben. Und die Moral von der Geschicht: Im Umkreis unseres Jungen hören von Jahr zu Jahr weniger Menschen die Glocke, bis er sie zuletzt nur noch selbst hört. – Really? Das wars? Nett sein, heiße Schokolade trinken und an den Superstar-Weihnachtsmann glauben. Darum geht’s an Weihnachten?!

Konkurrenz-Konzepte

Innere Erfüllung sucht man heutzutage allzu oft beim Konsumieren, beim indirekten Konsumieren „für“ die Kinder, beim Plätzchenessen und Festtagsbraten verspreisen und ein bisschen auch beim Romantisieren. Kurz gesagt vielleicht auch beim: sich von sich selbst, den Mitmenschen und Gott ablenken. Weihnachten steht allerdings im eigentlichen Sinne des Christentums für etwas deutlich tieferes. Dafür, dass wir unverdient und zuerst geliebt sind. Nicht durch uns selbst gut sind, nicht durch unseren angehäuften Reichtümer und unsere moralische Überlegenheit.

Dieses unverdient von Gott geliebt zu sein hat sich wesentlich darin gezeigt, dass Gott Mensch wurde. Dass er sich auf alle Widrigkeiten unseres Lebens, auf Schmerz, Enttäuschung, Winter, Kälte und Dunkelheit in jeder Hinsicht einließ, um uns etwas zeigen. Nämlich, dass Liebe nicht nur Nettigkeit ist, die sich im Zweifel hinter Plattitüden und Unpersönlichem verstecken kann. Liebe ist ein ehrliches, uneingeschränktes und bedingungsloses „Ja“, eine Aufgabe, die oft auch Entschlossenheit, Leidensfähigkeit und Willenskraft braucht. Liebe, die letztlich immer ganz persönlich ist und sich unüberbietbar in der Menschwerdung, im Leben, Leiden und der Auferstehung Jesu Christi gezeigt hat und der wir nacheifern dürfen.