Thema · Weihnachten 2020

Allein in der stillen Nacht

Weihnachten steht vor der Tür! Auch dieses Jahr? Wird Weihnachten ähnlich wie immer oder vielleicht doch ganz anders? Werden wir wirklich mit unserer Familie zusammen sein können oder wird der Rotstift der Pandemie auch an diesem Fest schmerzliche Kürzungen vornehmen?

von Maria Muther · 08.12.2020

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Vielleicht wird Weihnachten dieses Jahr ganz anders. Kein Fest der erfüllten Sehnsucht, sondern eines, an dem wir schmerzlich wahrnehmen, was nicht sein kann oder darf. Vielleicht öffnet jedoch das Fehlen auch Augen und Ohren für neue Aspekte des Weihnachtsfestes. Vielleicht hören wir dieses Jahr die Texte der Christnacht noch mal anders, vielleicht ganz neu?

Erfahrung des Dunkels

Die Bilder der Weihnacht sprechen Ursehnsüchte im Menschen an – keine Frage. Wenn wir einmal nüchtern auf die Texte blicken, dann können wir dort auch vieles wahrnehmen, was wenig mit unserer gewohnten Christbaum- und Krippenromantik zu tun hat. Da ist ein Volk, das bildlich gesprochen im Dunkel lebt, bedrängt und unterdrückt. Da sind Maria und Josef. Maria ist hochschwanger. Die Wehen haben schon angefangen, jeder Schritt tut weh, sie sehnt sich nur nach einem Bett, nach einem Ort der Wärme und Geborgenheit für sich und das Kind. Josef gibt sich wirklich Mühe, er klopft an zahlreichen Türen, aber nirgendwo ist ein Platz für seine werdende Familie. Wie mag er sich gefühlt haben – wütend, ohnmächtig, verzweifelt? Letztlich findet sich ein Stall beziehungsweise wahrscheinlich mehr eine Felsenhöhle. Wie mag es darin gewesen sein? Sicherlich nicht wohlig und warm, sondern eher kalt, unbehaglich. An diesem nicht sonderlich gastfreundlichen Ort bringt Maria das Jesuskind zur Welt – in der Stille der Nacht und allein.

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Was ich gerade skizziert habe, ist meiner Meinung nach die zweite Seite von Weihnachten. Zu diesem Fest gehört ganz wesentlich die Erfahrung des Dunkels, der Einsamkeit, der Not und Bedrängnis hinzu. Und gerade erfahren wir dies, mehr oder weniger stark, angesichts der Pandemie als Kollektiv in unserem Land und in der weltweiten Gemeinschaft.

Hoffnung in schwierigen Zeiten

Die Botschaft von Weihnachten richtet sich aber besonders an die, die in Bedrängnis sind. Die Botschaft von Weihnachten, die Geburt des verheißenen Erlösers schenkt auch in schwieriger Zeit Hoffnung und Trost. Diese Erfahrung wünsche ich heuer uns allen – dass wir besonders in der Situation der Bedrängnis, in der wir uns aktuell befinden, neu erfahren, dass die Geburt unseres Heilands, Licht, Wärme, Trost und Hoffnung zu schenken vermag. Und auch wenn wir dieses Jahr vielleicht manches von dem, was für uns sonst zu einem „richtigen“ Weihnachtsfest dazugehört, nicht haben werden und wir dazu angehalten sind, aus einer Situation, die uns mehr Distanz auferlegt als wir uns wünschen, das Beste zu machen. Wenn wir aufgerufen sind, kreative Lösungen zu finden, um Menschen, die wir lieben, zu zeigen, dass wir ihnen nahe sind, auch wenn das Fest nicht im selben Zimmer begangen werden kann. Ich denke hier zum Beispiel an einen Anruf, das Versenden eines Päckchens, das Schreiben eines längeren Briefes, … Auch wenn uns dieses Jahr vielleicht nicht unbedingt die fröhlichsten Weihnachten unseres Lebens erwarten, so dürfen wir gewiss sein, dass der Segen der Weihnacht auch in diese Situation hineinstrahlt. Fröhlich – so auch meine persönliche Erfahrung – ist das Weihnachtsfest nicht immer. Aber immer ist und wird es ein gesegnetes Fest sein.

 

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