Thema · Part of His Plan?

Eine Entscheidung für die Freiheit

Luiz Fernando Braz hat sein Leben vor mehr als zehn Jahren Gott geweiht und sich damit gegen Ehe, Sexualität und eigene Kinder entschieden. Klar sei er auch einsam, sagt er. Trotzdem war dieser Schritt für ihn keine Entscheidung für ein einsames Leben. Ein Zeugnis.

von Luis Fernando Braz · 09.07.2019

Mein Name ist Luiz Fernando Braz. Ich bin 33 Jahre alt, komme aus Brasilien uns bin das jüngste Kind von vier Geschwistern. Meine Eltern haben sich getrennt als ich noch sehr jung war. Meine Großmutter hat mich immer mit zur Kirche genommen und mir den Glauben nahegebracht. Angesichts meiner Geschichte habe ich mich in meiner Jugend jedoch gefragt, ob Gott wirklich existiert und was es bedeuten soll, dass er mich liebt, obwohl sich meine Eltern getrennt haben. Trotzdem ging ich weiter zur Kirche. Dort hatte ich Freunde, aber meine persönliche Beziehung mit Gott war nicht stark. Durch eine Kollegin habe ich mit 20 die Fazenda kennengelernt. Anfangs war ich gegenüber den Drogenabhängigen sehr skeptisch. Aber schließlich waren es genau diese Drogenabhängigen, die mir gezeigt haben, dass die Liebe Gottes lebendig ist. Ihre Art, konkret das Wort Gottes zu leben, hat mich so inspiriert, dass sich meine Beziehung zu Gott wieder neu entzündete.

Mit 21 wurde ich eingeladen, eine Erfahrung auf der Fazenda in Deutschland zu machen. Das war für mich die erste Entscheidung ganz für Gott zu leben. Ich hatte zu der Zeit eine Freundin und war verliebt. Aber ich spürte, dass mich Gott bat, alles hinter mir zu lassen. Ich spürte, dass in dieser Entscheidung eine Erfüllung auf mich wartete, die ich bisher noch nicht gekannt hatte und das gab mir einen großen Frieden. Ich wagte den Schritt und beendete meine Beziehung. So begann mein Leben auf der Fazenda.

Priester, Berufung,
Bild: privat

Mit 21 wurde ich eingeladen, eine Erfahrung auf der Fazenda in Deutschland zu machen. Das war für mich die erste Entscheidung, ganz für Gott zu leben. Ich hatte zu der Zeit eine Freundin und war verliebt. Aber ich spürte, dass mich Gott bat, alles hinter mir zu lassen. Ich spürte, dass in dieser Entscheidung eine Erfüllung auf mich wartete, die ich bisher noch nicht gekannt hatte und das gab mir einen großen Frieden. Ich wagte den Schritt und beendete meine Beziehung. So begann mein Leben auf der Fazenda.

Bis heute mache ich die gleiche Erfahrung: Immer wenn ich Menschen begegne, die Gott und seine Liebe nicht kennen oder überhaupt keine Hoffnung für sich und ihr Leben haben, spüre ich in mir die starke Sehnsucht, ihnen Gott und seine Liebe zu zeigen. Über die Jahre hinweg merkte ich, dass mir das Leben ganz für Gott und ganz für unsere Jungs auf der Fazenda eine Freiheit schenkt, die ich in keiner anderen Lebensweise finden würde. So wuchs in mir der Wunsch, mich Gott weihen zu lassen: Es war eine Entscheidung für die Freiheit. Die Frage, Priester zu werden, kam schon auf, aber ich wusste, dass Gott mir den Wunsch ins Herz legen würde, wenn es sein Wille wäre. Und ich spürte: Mein Wunsch war, unter den Jungs auf unsren Höfen zu wohnen, einfach einer von ihnen zu sein. Ich wollte ganz ‚normal‘ sein und trotzdem ganz für Gott und seine Liebe leben.

Ich glaube, alles ist eine Frage der Berufung und jeder hat seine eigene, ganz persönliche Berufung. Man entdeckt sie nicht in der Theorie, sondern im konkreten Leben, im Austausch mit seinen Geschwistern im Glauben und im Gebet.

Als ich mich dazu entschied, mich Gott zu weihen, hat mich meine Mutter immer wieder gefragt, ob ich mir sicher bin, dass diese Entscheidung mich glücklich macht; und wenn sie mich glücklich macht, wäre sie auch glücklich. Viele meiner Freunde haben das allerdings nicht verstanden und verstehen es bis heute nicht. Das ist nicht immer leicht, aber andere Menschen müssen nicht alles verstehen, was ich lebe – es ist meine Berufung, in ihr bin ich glücklich.

Mich Gott zu weihen, war keine Entscheidung gegen eine Familie und es war auch keine Entscheidung für ein einsames Leben. Im Gegenteil, ich finde die Berufung zur Ehe und Elternschaft ist etwas Wunderschönes! Jeder sollte die Schönheit der anderen Berufungsform erkennen und leben können. Sonst ist die eigene Entscheidung eine Flucht vor etwas und kein Geschenk, das das eigene Leben bereichert. Und immer geht es darum, Gott näher zu kommen – auch in der Ehe ist die erste Berufung, Gott zu suchen. Das Glück eines Verheirateten darf nicht abhängig von dem Ehepartner sein – Abhängigkeit ist keine Liebe! Erst die Beziehung mit Gott macht frei für eine wahre Liebe, die sich verschenkt und nicht um sich selbst kreist. Das gilt für die Ehe genauso wie für ein gottgeweihtes Leben.

Aber natürlich bin ich auch einsam. Ich glaube, dass jeder Einsamkeit in seinem Leben kennt – egal ob verheiratet oder nicht. Kein Mensch kann unsere tiefste Einsamkeit füllen. Aber wenn wir uns hingeben und uns immer wieder darum bemühen, von uns wegzugehen und für andere zu leben, wird die Leere und Sehnsucht, die z.B. durch Sexualität gefüllt werden will, durch etwas Größeres erfüllt. Die größte Gefahr – gerade bei der Sexualität – ist es, dass wir viel zu viel um uns selbst und unsere Begierden, Wünsche usw. kreisen. Das heißt nicht, dass ich kein normaler Mann bin. Natürlich finde ich Frauen schön. Aber auch ein verheirateter Mann findet noch andere Frauen schön. Die Frage ist nicht, ob man ohne Frau leben kann oder Frauen nicht mehr wahrnimmt; sondern die Frage ist, ob du bereit bist, dich jeden Tag neu für die Entscheidung, die du für dein Leben getroffen hast, zu entscheiden und ihr entsprechend in Treue zu leben.

Jede Berufung bringt ihre Besonderheit und Schönheit mit sich, aber auch ihren Verzicht. So wie ein Vater auf viel verzichten muss, um wirklich Zeit für seine Kinder zu haben, so verzichte ich auf andere Dinge, um ganz bei meinen Jungs zu sein. Und jeder Verzicht, den man für und vor Gott bereit ist zu machen, öffnet neue Möglichkeiten und einen Horizont, der viel weiter ist, als alle Vorstellungen, die man früher gehabt hat. Heute habe ich vielleicht kein eigenes Haus und habe auf zwei, drei eigene Kinder verzichtet. Aber heute habe ich Häuser auf der ganzen Welt und ich habe unzählige Kinder, denen ich zu einem neuen Leben verhelfen konnte.

Ich lebe meine Berufung nicht alleine. Ich habe mich für eine geistliche Gemeinschaft und damit auch für eine große Familie entschieden. Die Menschen dort sind mir wie Schwestern und Brüder – ich bin nicht alleine, im Gegenteil, ich bin Teil einer großen, wunderschönen Familie! Ich bin mit vielen Ehepaaren befreundet und so, wie sie mich teilhaben lassen an ihrem Familienleben, so beziehe ich sie in mein Leben und meine besondere Beziehung mit Gott ein. Ich denke, Ehe und gottgeweihtes Leben sind zwei Berufungen, die zusammengehören und sich ergänzen. Jede Berufung zeigt auf eigene Weise die Liebe Gottes zu den Menschen und gemeinsam tragen wir die Fülle seiner Liebe in die Welt hinein. Das leben zu dürfen, ist mein Glück und ich danke Gott von Herzen, dass er mich hierher geführt hat.