Thema · Aufgefangen in einer liebevollen Gemeinschaft

Der Mensch denkt und Gott lenkt

Und manchmal kommt alles ganz anders: Kurz vor ihrem Praktikum bricht sich Simone ein Bein. Dabei darf sie erfahren, welche Kraft sie aus dem Glauben schöpft und wie sie in einer liebevollen Gemeinschaft aufgefangen wird.

von Simone Theresa Prokop · 08.02.2018

Gebrochenes Bein, flickr

Es war später Samstagabend, bald Sonntag, und am Montag würde mein zweiwöchiges Praktikum im Hospiz beginnen. Ich hatte es mir schon in meinem Bett gemütlich gemacht, da bemerkte ich, dass das Fenster noch gekippt war. Krank wollte ich auf keinen Fall werden, also stand ich auf — und zack, lag ich auf dem Boden und konnte nicht mehr aufstehen.

Beim Röntgen in der Notaufnahme kam dann raus, dass ich mir das Wadenbein und einen Teil des Sprunggelenks gebrochen hatte und dass das operiert werden musste. Irgendwann in den frühen Morgenstunden lag ich in diesem Krankenhausbett, meine Leiterin und eine Mitbewohnerin, die mich begleitet hatten, waren gerade gegangen, und ich hielt dieses kleine Stück Papier umklammert, wo alle wichtigen Nummern draufstanden. Ich hatte furchtbare Angst vor der OP, es war meine erste, dann auch natürlich die Vollnarkose.

„Denken Sie an etwas schönes”

Aus so einem Gedankenstrudel aus Angst, Panik und Schmerzen auszubrechen ist nicht leicht, nicht, wenn man gerade in der Situation drin ist. Mein Blick fiel auf mein Tattoo, und für einen kurzen Moment war ich aus dieser Schmerzspirale heraus. Ein Kreuz ist Teil dieses Tattoos. „Jesus, mit dir an meiner Seite hab ich schon schlimmere Zeiten überstanden, und ich weiß, dass du auch jetzt hier bist, dass du alles gut machen wirst.“ In den Stunden bis zur Visite hab ich ununterbrochen den Rosenkranz gebetet. Und dann hieß es schließlich: „Es kommt gleich jemand, der bringt Sie runter in den OP.“ Und ich dachte nur: „Jesus, danke, dass du bei mir bist!“ Bevor ich die Vollnarkose bekam, wurde mir gesagt, dass ich an etwas Schönes denken solle, das würde helfen. Und ich dachte sofort ans Basical, an alle Leiter und Mitbewohner.

Die OP verlief gut, ohne Komplikationen, nur die Schmerzen setzten mir sehr zu. In diesen Tagen hab ich an meinem Beten, an meiner Wahl der Worte gemerkt, dass ich dem Schmerz, aber auch Jesus in meinen Schmerzen nochmal ganz anders begegne. Mein Gebet war nicht: „Jesus, bitte lass mich keine Schmerzen mehr haben!“, sondern „Jesus, schenk mir die Kraft, die Schmerzen auszuhalten, die trotz der Medikamente noch da sind. Jesus, du bist meine Kraft, meine Hoffnung, mein Licht.“ Wie oft habe ich davor gebetet: „Herr, bitte lass dies und das nicht zu!“ oder „Herr, lass das und das nicht so schlimm werden!“ Das hat sich durch diesen Beinbruch geändert. Von Maria als Knotenlöserin hatte ich auch ein kleines Holztäfelchen auf meinem Nachttisch stehen, auch zu ihr hab ich meine Schmerzen gebracht.

Maria Knotenloeserin, Rose, Krankenhaus
Ein kleines Bild von Maria Knotenlöserin auf dem Nachttisch. Bild: Simone Prokop.

Aufgefangen in einer liebevollen Gemeinschaft

Und noch etwas hat sich geändert: Ich bin total auf die Menschen um mich herum angewiesen. Im Krankenhaus war das klar, aber als ich am Donnerstag wieder ins Basical kam … Ich bin von Haus aus eine, die sich schwertut, um Hilfe zu bitten. Mir ist es lieber, ich kann es selbst machen. Ich sehe auch, wenn es jemandem gerade nicht so gut geht, was er oder sie gerade braucht und handle entsprechend. Und nun war ich diejenige, die Hilfe brauchte. Die anderen um etwas zu bitten, fiel mir anfangs sehr schwer, besonders wenn es ums Essen ging.

„Worauf hast du Hunger?“ fragt eine Mitbewohnerin per WhatsApp und bringt mir anschließend nicht nur mein Abendessen, sondern alle Basicals schleppen alles, was man für ein Abendessen braucht, vom dritten in den ersten Stock, damit wir gemeinsam essen können. Mitbewohner räumen Kissen hin und her, damit ich bei der heiligen Messe meinen Fuß hochlagern kann. Eine Mitbewohnerin, die das Zimmer neben mir hat, schaut jeden Abend nochmal nach mir. Wir reden über Gott und die Welt, wie ihr Tag war, wie mein Tag war. Bevor sie geht, zeichnet sie mir mit ihrem Daumen ein Kreuz auf die Stirn. Diese Fürsorge und Liebe von allen zu erfahren, war und ist für mich überwältigend.

Wer weiß, vielleicht ist es diese Erfahrung, die ich machen soll: mich ganz Gottes Führung anzuvertrauen, dass ER weiß, was ER tut, und die Fürsorge und Liebe meiner Mitmenschen anzunehmen.