Thema · Beichtspiegel: Teil IV

Der Zweck heiligt die Mittel? – Nein, die Beichte

Viele Sprichwörter gibt’s um die Wahrheit: „Ehrlich währt am längsten“, „In Vino Veritas“, „Lügen haben kurze Beine“. Pinocchio trichtert uns die Botschaft ein, der Mund der Wahrheit beißt Lügner Hände ab, schon Pilatus fragt : Was ist Wahrheit?. Und dennoch: Das Kurzzeitgedächtnis zu eigenen Aussagen ist nicht nur bei Politkern oft erstaunlich kurz. Warum soll das bei mir anders sein? Zeit also, sich mit dem 8. Gebot auseinanderzusetzen.

von Alex Barth · 12.09.2019

Haendeschuetteln
Bild: Joshua Golde

Achtes Gebot: Du sollst nicht falsch gegen deinen nächsten aussagen

Falsch gegen einen aussagen? Bewusst lügen, um einem zu schaden? Habe ich das jemals gemacht? Lügen, notlügen. Das kommt schon öfter vor. Kaum einer steht zu seinen Fehlern, die er gemacht hat, und kann sie zugeben. „Der Zweck heiligt die Mittel“, kann man sich da einreden. Oder wer sagt unangenehmen Gesprächspartnern in Liebe die Wahrheit, anstatt ihnen nach dem Mund zu reden? Wer antwortet auf eine Frage ehrlich, wenn dies vielleicht verletzt? Mich beeindruckt Jesu Wort: „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein.“ Das soll meine Richtschnur sein. Egal ob ich meinen Kindern verspreche, nachher mit ihnen zu spielen, oder meiner Frau sage, dass ich pünktlich von der Arbeit heimkomme. Wenn ich einem Angestellten die Zusage mache, dass seine Krankheit ihn nicht den Arbeitsplatz kosten wird oder einem Kunden eine Kulanzhandlung versprochen wird. Ich will immer meinem Gegenüber in die Augen sehen können – aktuell und auch in Zukunft. Mein Handschlag soll gelten. Früher war das wohl eine „Ehrensache“.

Ich muss ja nicht immer alles sagen, was ich denke. Aber auf keinen Fall soll Falsches über meine Lippen kommen. Und je öfter ich dies reflektiere und in die Beichte bringe, desto klarer wird mein Wort. Aber wie wäre es, wenn das Gebot hieße: „Du sollst nichts Überflüssiges über deinen Nächsten aussagen“ – das muss ich nämlich immer beichten. Lästern ist mein Laster.

Wie schnell rege ich mich über jemanden auf und erzähle das Hinz und Kunz weiter, anstatt mit dem Betreffenden ein klares Wort zu sprechen. Wie schnell schimpfe ich auf die Politik, anstatt für die Menschen, die sich dort engagieren, um den Heiligen Geist zu beten? Wie schnell schwillt mir im Straßenverkehr der Hals? Statt dass ich die Situation segne – lat. benedicare –, Gutes sage.

Ich setz online den Daumen runter, kommentiere – und verletzte dabei bestimmt auch – auf Facebook und WhatsApp jeden Mist. „Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und stell ihn unter vier Augen zur Rede.“ Sagt Jesus. Nicht: „Rede über ihn hintenrum und kommentiere sein Verhalten anonym im Internet.“

 Zehntes Gebot: Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren

Das ist derzeit meine häufigste Sünde. Warum eigentlich? Mir geht’s doch gut. Ich habe alles, was man sich so wünscht. Beruf, Frau, Kinder. Ich fahr in Urlaub, wohin ich will. Bin einigermaßen gesund, mir fliegen keine Kugeln um die Ohren. Was ist also das Haus meines Nächsten, das ich begehre? Der Neid, der wie Gift gärt?
Einige Zeit war es das coolere Auto eines Freundes: „… was der sich immer leisten muss.“ Dann die exotischen Urlaubsziele anderer: „Diese Angeber.“ Später war es die lockere Sichtweise auf das Leben: „Jaja, diese Faulenzer und Prasser“, dann mal die sportlichen Möglichkeiten anderer: „Ich armes Würstchen.“ Die Zurschaustellung in den Social Medias und die Glamourwelt im Fernsehen tun das Ihre dazu.

Zu sehen was man hat und sich daran freuen – und nicht zu missen, was man nicht hat und sich daran grämen. „Oifach z’frieda sei“, wie die Oma meiner Frau öfters sagte. Das ist die Kunst. Mittlerweile kann ich mich am Erfolg, an den Aktivitäten und an den Statussymbolen anderer freuen. Ein Porsche ist ein schönes Auto, egal, was er kostet. Ein Maledivenurlaub ist bestimmt wohlverdient, wer weiß, wie hart dafür gearbeitet wurde. Sich an der Freude anderer freuen. Das muss ich weiter kultivieren, und das 10. Gebot ruft es mir immer wieder in Erinnerung.